Die Fans warten geduldig. Es dauert länger als üblich, bis die Trainer nach dem Oberliga- Spiel zwischen dem NHV Concordia Delitzsch und dem SV 04 Plauen-Oberlosa ihre Einschätzung abgeben. Denn am Sonnabend schnappt sich zuerst NHV-Kapitän Jan Jungandreas das Mikrofon. „Mir fehlen die Worte“, gesteht er, „so etwas habe ich noch nie erlebt.“ Er könne sich im Namen des Teams nur entschuldigen – für eine über weite Teile unterirdische Leistung. Sie führt dazu, dass die Nordsachsen 20:30 (9:13) untergehen. Nach der dritten Pleite in Folge sind die Delitzscher Handballer nun auf einen Abstiegsplatz gerutscht.
Nach der knappen 31:32-Pleite eine Woche zuvor beim HC Burgenland hatte das Team sich zusammengesetzt, um zu ergründen, warum es so viele einfache Fehler gab. „Wir haben gut trainiert, es war viel Feuer dabei“, berichtet Jungandreas. Das bestätigt der ebenfalls fassungslose Trainer Waldimir Maltsev. „Ich hatte im Training ein ganz anderes Gefühl.“ Keine Spur von Angst oder Nervosität, sondern Entschlossenheit und Engagement. Doch davon ist gegen die Vogtländer kaum etwas zu spüren. Von einer „Katastrophe, die ich erst einmal sacken lassen muss“, spricht der konsternierte Vereinschef Axel Schüler, eine „totale Verunsicherung“ glaubt Team-Manager Marko Bergelt gespürt zu haben. Ist es ein Kopfproblem, wie es Maltsev andeutet? Erste Versuche einer Spurensuche, die jetzt fortgesetzt wird.
Fassungslosigkeit auch bei den Fans. Mit zunehmender Spieldauer wird die Unterstützung immer geringer, vereinzelt gibt es sogar Pfiffe. Das ist seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr passiert.
Dabei fängt alles ordentlich an. Der lange verletzte Clemens Schlegel gibt sein Saisondebüt, dafür fehlt Lukas Mittag (Knieverletzung). Sascha Meiner bringt die Gastgeber 1:0 in Führung, Danny Trodler setzt Schlegel am Kreis in Szene. Der netzt zum 8:9 (21.) ein. Eine Zwei-Minuten-Strafe für Plauens Jakub Kolomaznik verspricht die Ausgleichs-Chance. Sascha Meiner ist frei durch, scheitert aber an Gäste-Keeper Carsten Klaus. Im Gegenzug erhöht das Team aus der Spitzenstadt in Unterzahl auf 10:8. Zeitstrafen gegen Martin Müller und Felix Herholc nutzt Plauen zum Führungsausbau – das Spiel kippt. Bis zur Pause gelingt Delitzsch nur noch ein Treffer, unerklärliche Verunsicherung greift um sich.
Und wird immer stärker: Dribbel- und Schrittfehler, ungenaue Pässe, der Angriff besteht vorwiegend aus Einzelaktionen mit erschreckend schwachen Würfen. Die Abwehr wird so löchrig wie ein Schweizer Käse, es mangelt an Einsatz und Kampfgeist. Plauen (Trainer Petr Hazl: „Wir haben gut gespielt“) lässt routiniert den Ball laufen und nutzt die immer größer werdenden Lücken. Bei den Concorden wissen nur Oskar Emanuel, Comebacker Schlegel und Daniel Sowada einigermaßen zu gefallen. Zwei Wochen haben die Delitzscher nun Zeit, das Ruder herumzureißen. Dann geht es zu Schlusslicht Glauchau/Meerane – und am 6. Januar in eigener Halle gegen den Dritten HC Elbflorenz II weiter. „Ich kann versprechen, dass wir uns zerreißen werden“, sagt Jungandreas und hofft, dass die Fans „hinter uns stehen“. Leiser Applaus brandet auf.
Ulrich Milde, Leipziger Volkszeitung vom 27.November 2017
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