Uwe Jungandreas, Erfolgscoach aus früheren glorreichen Delitzscher Handball- Bundesligazeiten, war gespannt: „Ich hoffe auf ein spannendes Spiel“, sagte der heutige Trainer des Zweitligisten Dessau- Roßlauer HV, der am Vorabend mit seiner Mannschaft in Hildesheim 26:23 gesiegt hatte. Seine Vorfreude hielt nicht lange. Im Derby der Mitteldeutschen Männer-Oberliga zwischen dem NHV Concordia Delitzsch und der SG LVB Leipzig setzten sich die Gäste klar mit 27:20 (13:7) durch und verteidigten damit die Tabellenführung. Die Nordsachsen, angeführt von Sohn und Kapitän Jan Jungandreas, liegen mit 8:10 Punkten nun auf Rang neun.
Die Partie hatte nicht nur wegen der Nähe der beiden Klubs ihre besonderen Reize. Viele Delitzscher hatten schon mal für den LVB gespielt. Jörg Reimann, Sascha Meiner und Oskar Emanuel hatten in der vergangenen Saison den Abstieg der Messestädter aus der dritten Liga nicht verhindern können, wechselten an den Lober. Bei den Leipzigern blicken Akteure wie Thomas Oehlrich, Georg Eulitz, Steve Baumgärtel oder Trainer Enrico Henoch auf eine sportliche Delitzscher Vergangenheit zurück.
„Das ist schon was Besonderes, in Delitzsch zu spielen“, sagte Henoch. „Wir hatten vor dem Anpfiff aber so gut wie keinen Kontakt“, berichtete Meiner, während Oehlrich feststellte, dass es schön sei, in Delitzsch zu sein. „In der vollen Halle wie heute ist die Stimmung super.“ Baumgärtel wiederum ist mit den Concorden Martin Müller und Jörg Reimann befreundet. „Gegen sie zu spielen macht noch mehr Spaß als sonst.“
Den hatten die Gastgeber allerdings nur bis zur 19. Minute. Bis dahin gelang es ihnen, die Begegnung weitgehend offen zu gestalten. Der LVB führte lediglich mit 8:6, alles schien noch offen gegen den haushohen Staffelfavoriten, der den Wiederaufstieg anpeilt. Doch dann kam die Wende. Die Gäste fingen mehrere Pässe ab und nutzten das konsequent aus. Im ICE-Tempo führten die Straßenbahner mehrere Schnellangriffe aus und lagen zum Seitenwechsel bereits mit 13:7 in Führung. „Wir sind für unsere Fehler bestraft worden“, sagte Concordia-Goalgetter Danny Trodler. „LVB hat unsere Defizite im Angriffsspiel aufgezeigt“, gestand Sascha Meiner. Denn sieben Treffer in einer Halbzeit sind nun mal viel zu wenig. Im zweiten Abschnitt legte der NHV dann deutlich zu. In der Offensive war mehr Bewegung, auch wenn die Treffsicherheit häufig zu wünschen übrig ließ. Aber immer, wenn die Zuschauer das Gefühlt hatten, jetzt würden die Delitzscher die Aufholjagd starten, schlug die SG LVB eiskalt zurück. Da war es vor allem der 33-jährige Routinier Baumgärtel, der die Begegnung an sich riss und in den zweiten 30 Minuten alleine sechs Treffer erzielte.
„Dafür haben wir ihn, damit er in solchen Phasen die Mannschaft führt“, zeigte sich Henoch zufrieden. Ansonsten setzte er vorwiegend auf seine jungen Wilden. Die 17- bis 21-jährigen Hünen warfen zusammen 17 Tore und überzeugten auch mit einer starken Leistung in der Deckung. „Wir haben es geschafft, gut in der Abwehr zu stehen“, freute sich Baumgärtel. „Es war schwer, über ihren Mittelblock zu kommen“, räumte Sascha Meiner ein. „Man hat gemerkt, dass LVB wieder nach oben will“, sagte Oskar Emanuel, mit 19 Jahren der jüngste Concorde und gestern neben Abwehr- Titan Oliver Wendlandt der beste bei den Gastgebern.
Nach dem Abpfiff herrschte Einigkeit, dass die Niederlage des NHV verdient war. „LVB hat Qualität wie kein anderes Team in der Oberliga“, gab Trodler zu. „Die Gäste haben verdient gewonnen“, kommentierte Concordia- Trainer Wladimir Maltsev. Für den fachkundigen Zuschauer Uwe Jungandreas waren die Leipziger „klar die bessere Mannschaft, Delitzsch hatte keine Chance“. Darf gegen den Ligaprimus passieren.
Ulrich Milde, Leipziger Volkszeitung vom 13.November 2017
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