Sonntag, 21. Dezember 2014

HVO Cunewalde - NHV 23:31 (10:16)

Bescherung in Bautzen

NHV Concordia Delitzsch klettert nach starkem Auftritt in der Oberlausitz auf Platz 3 Kaum sind endlich mal (fast) alle Spieler an Bord, läuft es wieder rund bei den Sachsenliga-Männern des NHV Concordia Delitzsch. Dank eines souveränen und nie gefährdeten Auswärtssieges beim abstiegsgefährdeten kletterten die Concorden am Sonntag sogar auf Tabellenrang 3. Da Cunewalde über keine eigene sachsenligataugliche Halle verfügt, tragen die Oberlausitzer ihre Heimspiele im benachbarten Bautzen aus. Aber dies ist nicht der einzige Grund dafür, dass bei den zahlreich mitgereisten Delitzscher Fans schon früh Heimspielatmosphäre herrschte. Die nach einem Besuch des sehenswerten Bautzener Weihnachtsmarktes bereits stimmungsfrohe Delitzscher Anhängerschar trieb ihre Mannschaft eifrig trommelnd und auf allerlei weitere Art lärmend zu wahren Höchstleistungen. Nachdem die Delitzscher zu Monatsbeginn von einer Grippewelle heimgesucht wurden und sich so vor zwei Wochen noch mit einer um den 44-jährigen und seit fast sechs Jahren trainingsabstinenten Wladimir Maltsev ergänzten Rumpftruppe zum Heimsieg gegen Döbeln quälten, standen dem Trainerduo Schneider/Möhle in dieser Woche endlich mal wieder fast alle Spieler für ein geregeltes Training zur Verfügung. Das Ergebnis war zunächst vor allem in der Abwehr gut erkennbar, denn diese kam gegen Cunewalde ausgesprochen gut ins Spiel und trat so auf, wie es sein soll: kompakt und aggressiv. Cunewalde wurde so ein ums andere Mal zu einfachen Ballverlusten gezwungen und suchte notgedrungen Torabschlüsse aus schier aussichtsloser Position, die immer wieder leichte Beute des einmal mehr stark spielenden Max Neuhäuser im NHV-Tor wurden. Seinen Vorderleuten gelangen aus einer stabilen Deckung heraus etliche leichte Tore über die 1. und 2. Welle, wenngleich man daraus vor allem in der Anfangsphase mit etwas weniger technischen Fehlern im Angriff noch mehr Kapital hätte schlagen können. Dass die Concorden dennoch nach einer guten Viertelstunde bereits 9:4 in Front lagen, war denn auch nur zum Teil dem starken Delitzscher Spiel und nicht zuletzt der blutleeren Darbietung der Hausherren geschuldet. Ein stärkerer Gegner hätte wohl auch mehr aus den Delitzscher Schwierigkeiten im Positionsangriff gemacht. Immer wieder ließen die NHV-Männer die nötige Bewegung vermissen und waren dann auf Einzelaktionen gegen die offensive Abwehr der Gastgeber angewiesen. Dank der guten Abwehr- und Torhüterleistung ging es trotzdem mit einer komfortablen 16:10-Führung in die Halbzeit. Die zweite Hälfte begann ähnlich gut wie die erste. Die Delitzscher Abwehr trieb ihre Gastgeber weiter in einfache Fehler, während die NHV-Angreifer mit leichten Gegenstoßtoren glänzten. Zehn Minuten vor Schluss führte Delitzsch mit zwölf Toren (28:16), was NHV-Coach Michael Schneider zum Anlass nahm, ordentlich durchzuwechseln und allen Spielern Einsatzzeiten zu geben. Um die klare Führung wissend, fehlte in der Schlussphase in Angriff und Abwehr jedoch erkennbar das eine oder andere Prozent Einsatz, so dass Cunewalde noch etwas Ergebniskosmetik betreiben konnte. Am ungefährdeten Auswärtssieg im letzten Spiel des Jahres 2014 änderte das freilich nichts. Nicht nur die Delitzscher Fans waren rundherum zufrieden, auch Co- Trainer Martin Möhle hatte wenig auszusetzen: „Am Ende steht heute ein in dieser Höhe vollkommen verdienter und nie gefährdeter Sieg. Wir waren von Beginn an in der Abwehr hellwach und konnten Cunewalde somit immer wieder zu Abspielfehlern oder schweren Torabschlüssen zwingen. Damit konnten wir uns im Angriffsspiel auch einige Fehler mehr als gewohnt leisten. Nach einer nicht ganz einfachen Phase haben wir in den letzten Wochen wieder unser eigentliches Gesicht gezeigt und überzeugende Siege einfahren können. Jetzt haben alle etwas Zeit zur Regeneration und dann werden wir im neuen Jahr an die zuletzt gezeigten Leistungen anknüpfen.“ Weiter geht es für die NHV-Männer erst am 18. Januar. Gastgeber ist dann der im Mittelfeld (8:12 Punkte) rangierende HVH Kamenz.

Mittwoch, 10. Dezember 2014

Der alte Zauber ist zurück

Wladimir Maltsev erzählt von einer magischen Handball-Nacht im Kultur- und Sportzentrum Die Sensation war erst vier Stunden vor Anpfiff perfekt, dann stand die Rückkehr von Wladimir Maltsev, 44, aufs Handball- Parkett fest. Fünfeinhalb Jahre nach dem Ende seiner Karriere blieben der Concordia-Legende also exakt 240 Minuten Vorbereitungszeit, um sich auf die Delitzscher Sachsenliga-Partie gegen Neudorf/Döbeln einzustellen (wir berichteten). Was dann passierte, dürfte für immer im Gedächtnis haften bleiben - nicht nur wegen Maltsev, sondern wegen der unfassbaren Energieleistung der Mannschaft, die mit lediglich acht verbliebenen Feldspielern den Gegner aus den Angeln hob. So richtig Fahrt nahm die Partie auf, als der Altmeister zur Tat schritt. "Alle waren unter Schock, die Zuschauer, die Mannschaft und ich. Unglaublich, wie uns die Halle angetrieben hat", beschrieb der in unzähligen Schlachten gestählte Maltsev die unbändigen Ereignisse. Dabei war er sich des Höllenritts im Vorfeld wohl bewusst, Zweifel nagten am Gemüt des russischen Bären. "Ich dachte, es wird schlimmer. Wir haben schließlich nie zusammen trainiert. Natürlich gab es ein paar Missverständnisse." Weil es die immer gibt, sahen allen Beteiligten darüber hinweg. Schließlich können Details manchmal furchtbar uninteressant sein, überstrahlt vom großen Ganzen. "Ich kann einfach nur Danke sagen, dass Wladi sich in dieses Fegefeuer geworfen hat", bekannte etwa NHV- Trainer Michael Schneider. Wie Maltsev mit dem Feuer spielte, das können wohl nur wenige. Die eleganten Bewegungen, das Auge für freie Räume und Mitspieler. Und natürlich - die Tore: Als "Malya", keine fünf Minuten auf dem Parkett, zwei Gegenspieler vernaschte und das 8:5 markierte, schien alles wie früher. "Körper und Kopf haben nichts vergessen", erzählte Maltsev. Und so wurde die Krankheitswelle zur Antriebswelle für Spieler und Fans, die an diesem Abend fast das Kultur- und Sportzentrum aus seinem Fundament brüllten, trommelten und klatschten. Junior Malte Unkell, 20, dem sensationelle 13 Treffer gelangen, staunte Bauklötze über den älteren Herren an seiner Seite: "Er hat seine ganze Erfahrung ausgespielt." Maltsev fand Lücken, wo eigentlich keine waren, reckte nach seinem zweiten Tor gar die Faust gen Himmel. Dass er im zweiten Durchgang kürzer treten musste, war nur logisch. "Ich habe ohne Kondition gespielt." Schon während der Erwärmung atmete der 44- Jährige mehrfach ganz tief durch. Und dann war da noch ein Handball- spezifisches Problem. Wenn er alle zwei Wochen mal zum Spielgerät greift, dann ohne Klister - jenes Harz also, dass ab einem gewissen Niveau zur Grundausstattung gehört. Ohne Vorbereitung und entsprechende Hornhaut aber reißt der Klebstoff die zarte Haut von den Fingern, so dass Maltsev die Begegnung mit offenen Wunden zu Ende brachte. Und wie! Nur einer erlebte an diesem Abend ein kleines Debakel, zumindest was die persönlich Statistik angeht. Torschützenkönig Jan Jungandreas erzielte exakt null Tore. Das hatte zwei Gründe. Zum einen musste der 27-Jährige nach langer Zeit mal wieder auf halbrechts spielen, zum anderen kam er nach intensiver Behandlung seiner Gegenspieler nur auf eine halbe Stunde Einsatzzeit und verließ das Parkett mit blutender Nase.
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 9.Dezember 2014

Samstag, 6. Dezember 2014

NHV - HSG Neudorf/Döbeln 26:23 (12:9)

Der Weltverschwörung zum Trotz

Das war die vielleicht großartigste Leistung einer großartigen Mannschaft. Vor etwa 400 völlig losgelösten Zuschauern im Kultur- und Sportzentrum konnte selbst die Handballwelt- Verschwörung den NHV Concordia Delitzsch am Samstagabend nicht aufhalten. Mit 26:23 (12:9) erlegten die Mannen um Trainer Michael Schneider die HSG Neudorf/Döbeln und übernahmen Tabellenplatz vier der Sachsenliga. Dabei war die Personalnot derart groß, dass völlig aus dem Nichts Concordia-Ikone Wladimir Maltsev seine triumphale Rückkehr feierte. Dem Comeback des Jahrzehnts ging allerdings eine mehr als fragwürdige Ouvertüre voraus. Noch am Freitag versuchte der NHV aus Mangel an Spielern die Partie abzusagen. Staffelleiter Helmut Hertel lehnte ab, ließ telefonisch nach Vereinsangaben verlauten: "Dann spielt ihr eben in Unterzahl." Um die Pikanterie mit Zuckerguss zu überziehen, muss man wissen, dass Hertel Mitglied des SV Plauen-Oberlosa ist. Ebenjener SVP bekleidet momentan das Amt des Spitzenreiters der Sachsenliga. Noch Minuten nach Spielschluss bestieg Michael Schneider angesichts dieser Umstände die verbale Palme: "Es war eine bodenlose Frechheit, unter welchen Umständen wir ins Spiel geschickt wurden." Und so gab sich Maltsev, der 2009 seine Karriere beendet hatte, die Ehre. Als der inzwischen 44-Jährige in der 17. Minute das Linoleum betrat, schepperte das KSZ wie dereinst in Liga zwei. "Das war spektakulär. Ich hätte mir nie vorgestellt, dass ich noch einmal spiele", sagte Maltsev. Die geschmeidige Legende fügte sich unerwartet gut ins Spiel ein, überzeugte als Vollstrecker und Vorbereiter. Einer der Nutznießer war Malte Unkell (20), der mal eben die Hälfte aller NHV- Buden warf. "Eigentlich lief alles gegen uns. Wir konnten nur volle Kanone spielen", bekannte der Junior hinterher und hatte Recht. Die mannschaftliche Geschlossenheit machte an diesem Abend den Unterschied. Die einzige Idee der Gäste hieß über weite Strecken Alexander Bairich. Den wurfgewaltigen Spielmacher bekamen die Concorden selten in den Griff. Ganz anders erging es auf der Gegenseite Torjäger Jan Jungandreas. Der wurde von der ersten Sekunde an gejagt. Mitte der ersten Halbzeit hatten die HSG-Häscher ihr Ziel erreicht und die Nase des Linksaußen zu Brei geschlagen. In Durchgang zwei kam er noch einmal zurück, nur um zehn Minuten vor dem Ende endgültig ausgeschaltet zu werden. In der Schlussphase überschlugen sich die Ereignisse endgültig. In Minute 52 kassierten die Hausherren beim Stand von 20:20 eine umstrittene doppelte Unterzahl. Das schien der K.o.-Schlag zu sein. Doch statt zusammenzuklappen wie ein Schilfrohr im Orkan, führten die Delitzscher zwei Minuten später mit 21:20. Ausgerechnet Defensivminister Frank Bönke, selbst erst vor ein paar Wochen aus dem Ruhemodus geholt, traf. Danach übernahm Küken Unkell Verantwortung und zimmerte wie selbstverständlich noch schnell zwei Siebenmeter in die Maschen. Selbst sein sonst so besonnener Trainer gab sich kurz dem Überschwang hin: "Das war nicht alltäglich von Malte." Der Rest der Begegnung ging im Jubel eines einmaligen Abends unter. Apropos einmalig, kommen Sie noch einmal zurück, Herr Maltsev? "Nur, wenn noch mal eine Grippewelle kommt."
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 8.Dezember 2014