Die Herren des NHV
Concordia Delitzsch
bleiben Tabellenführer und
Drama-Könige der
Handball-Sachsenliga. Am
Samstagabend quälten sie
sich ersatzgeschwächt
unnötig lange zu einem
29:27 (16:13)-Erfolg gegen
den EHV Aue II. Dazu
erlebten die Zuschauer im
wieder ordentlich gefüllten Becker-Schächtelchen eine womöglich
einmalige Rückkehr.
Für entspannte, souveräne Handball-Abende vor heimischem Publikum
hat der NHV offenbar nichts übrig. Schon zur Pause hätten die
Hausherren locker mit sieben, acht Toren führen können. Selbst mit dem
25:19 eine Viertelstunde vor Schluss war das Kapitel Aue längst nicht vor
der Zeit geschlossen, "weil wir viel zu viele freie Würfe vergeben
haben", wie Toptorjäger Jan Jungandreas selbstkritisch feststellte. "Ich
kann alleine 15 Tore machen, aber die leichten Dinger treffe ich zurzeit
irgendwie nicht."
Mit dieser Problematik stand er allerdings nicht alleine da. Auch seine
Kollegen überboten sich phasenweise im Auslassen bester Gelegenheiten
- und hielten die EHV-Reserve dadurch im Spiel. Concordia-Trainer
Michael Schneider breitete den Mantel des Schutzes über die Seinen.
"Aue hat auch gute Torhüter. Und: Wenn bei uns vier Mann fehlen, wird
es schwer über 60 Minuten die Qualität zu halten." Ohne die Herren
Ulrich, Bönke, Groeschel und Henoch erinnerte die NHV-Bank an
trostlose Zeiten. Und doch wieder nicht. Denn völlig überraschend nahm
ein junger Mann Platz, den im Vorfeld nun wirklich niemand auf der
Rechnung hatte. Jacob Schlichter streifte zum ersten Mal seit Mitte April
das himmelblaue Leibchen über. "Eine kurzfristige Entscheidung. Mal
sehen, ob wir ihn brauchen", erklärte Schneider vor dem Anpfiff. Er
sollte sein Ass aus dem Ärmel zücken. Wenn auch sehr spät.
Lange Zeit sah es so aus, als hätte Schlichter sich auch auf die
Zuschauertribüne setzen können. Erst in Minute 50 betrat der fidele
Linksaußen das Parkett - und durfte die Nerven zergliedernde
Schlussphase in vollen Zügen bis zum finalen Horn genießen. Wobei sich
der Genuss wohl nur den masochistisch Veranlagten erschloss. Plötzlich
begannen die Hausherren eine geschmacklose Fehlerkette aufzufädeln.
Die junge Mannschaft aus Aue nahm sich der Geschenke an und war zwei
Minuten vor dem Ende bis auf ein Tor dran.
Schlichter, der zuvor nur zweimal
mittrainiert hatte, blieb auch in dieser
heiklen Phase auf dem Parkett und
wunderte sich selbst darüber: "Das war
riskant. Wenn es in die Hose geht, hätte
ich mir selbst große Vorwürfe gemacht."
Ging glücklicherweise nichts ins Höschen,
weil das Tor von Kapitän Marcus Leuendorf
zum 29:27 das letzte der Partie bleiben
sollte. Somit bleibt auch das Delitzscher
Punktekonto weiter unbefleckt und die
Erkenntnis: Den ersten Platz verteidigen
die Concorden mit allem, was sie haben.
Aber in Zukunft wohl wieder ohne Jacob
Schlichter.
"Es war superschön für mich. Ich habe gemerkt, wie sehr ich es auch
vermisst habe", sagte der nach dem Abpfiff. Gut möglich, dass die
zehnminütige Rückkehr der endgültige Abschied des 26-Jährigen aus
Delitzsch war. Im Dezember entscheidet sich seine berufliche Zukunft,
die mit großer Wahrscheinlichkeit weit ab vom Lober liegt. Einen
erinnerungswürdigen Abend hat er auf jeden Fall nochmal erlebt.
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 4.November 2013
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