Begeisterung klingt anders. „Über die zwei Punkte freue ich mich, aber das ist auch schon alles. Sonst war das Spiel nicht so schön“, sagte Michael Schneider. Der Coach des NHV Concordia Delitzsch, des Spitzenreiters der Handball-Sachsenliga, war nach der Sonntags-Partie gegen LVB Leipzig II hörbar angefressen. Das Spiel, das die Leipziger mit der Motivation angingen, „den Tabellenprimus einfach ein wenig zu ärgern“, endete erwartungsgemäß mit einem 26:22-Sieg der Gastgeber.
„Die Delitzscher waren einfach die vier Tore besser als wir“, schätzte LVB-Trainer Gabor Knappe im Nachhinein ein. „Und wir haben sie ins Schwitzen gebracht“, erklärte er mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen. Für die Leipziger steht derzeit das Saisonziel klar fest: Klassenerhalt und „dafür verbessern wir uns mit jedem Spiel“. Den NHV hingegen sieht Knappe auf geradem Weg nach oben, kündigte aber schon mal an, dass es „ja auch noch ein Rückspiel geben wird“. Ganz so locker sah sein Trainerkollege Schneider die Partie nicht. Lediglich mit den ersten 15 Minuten war er zufrieden. Da führte seine Mannschaft 8:4. Zwar ließen sich die Jungs um Kapitän Ivo Doberenz nie wirklich die Butter vom Brot nehmen. Die Führung gaben sie nie ab, machten es aber zwischendurch immer mal spannend. Beim 10:9 schien es, als stünde die Wende des Spiels kurz bevor. „Ich hatte aber nie wirklich Zweifel oder das Gefühl, dass hier etwas anbrennen könnte“, stellte NHV-Mannschaftsleiter Christian Hornig klar. Dieses Gefühl teilten wohl auch die Akteure auf dem Parkett. Immer dann, wenn die Concordia ins Schlingern geriet, brachte sie sich selbst wieder auf Kurs. Wie kurz vor der Pause, als Felix Randt, an diesem Nachmittag der beste Torschütze, mit zwei Toren wieder einen soliden Abstand herstellte. Während in der Umkleide sicher deutliche Worte von beiden Trainern fielen, tummelte sich ein ganzer Schwarm von Nachwuchshandballern auf der Platte. Dem NHV muss also nicht bange sein, was die Zukunft des Handballs in Delitzsch betrifft. Nachstrebende Talente wurden längst ausgemacht.
Nach der Pause ging es rasant, aber sehr fair und mit hohem Tempo weiter zur Sache. Die Gastgeber setzten die Leipziger erheblich unter Druck, aber auch sich selbst. „Eigentlich wollten wir unseren Stiefel nur runterspielen und unser Spiel insgesamt verbessern. Ist uns heute nicht ganz optimal gelungen“, räumte Kreisspieler Marcel Ulrich ein. „Wir sind nicht so stark in die Tiefe gegangen, wie wir es eigentlich vorhatten.“ Trainer Michael Schneider sprach von vielen eigenen Fehlern, die zum Glück nicht so von den Leipzigern bestraft wurden, weil die eben auch nicht fehlerlos agierten. Die Auswertung werde intern erfolgen. Öffentlich wollte er sich dazu nicht äußern. Ein Gespräch der leisen Worte wird es wahrscheinlich nicht. Marcel Ulrich deutet an, worum es den Coach ging. „Wir sind wieder in alte Fehler verfallen. Wir haben zum Beispiel zu oft parallel vor der Abwehr gespielt, gerade bei einem 6:0-Riegel ist das nicht unbedingt erfolgreich.“ In der Abwehr, so sagte der 35-Jährige, sei einiges sehr gut gelaufen. „Nur 22 Gegentore, das ist okay.“
Ein gelungenes Comeback nach langer Pause feierte Lucas Mittag. Eigentlich war dessen Rückkehr noch nicht geplant, aber durch den krankheitsbedingten Ausfall von Marcus Leuendorf setzte der Coach auf den 21-Jährigen. Er setzte sich trotz noch nicht voll belastbarer Schulter und einem kaum vollwertigen Training sehenswert in Szene. „Aus dem Rückraum fehlt mir aber noch die Durchschlagskraft“, schätzte er ein. Anfang Dezember wolle er aber wieder voll einsatzfähig sein, hofft er.
In Sachen Torwartleistung gibt es übrigens keinerlei Abstriche auf beiden Seiten. Gabor Pulay hatte vor allem in der ersten 30 Minuten sehr starke Szenen, hielt nicht nur einen Strafwurf, sondern parierte auch elf Würfe. In der 45. Minute kam Max Neuhäuser ins Tor und knüpfte nahtlos an die gute Leistung an. Manuel Röttig, Ex-Concorde, lief im zweiten Teil der Partie zu Höchstform auf, konnte die Niederlage aber nur begrenzen.
Dass insgesamt der Druck aus dem NHV-Rückraum fehlte, fiel natürlich auch Christian Hornig auf. Obgleich er mit der Einsatzbereitschaft der Mannschaft zufrieden war, so habe ihm doch bei diesem Derby der Biss, das letzte Quäntchen Ehrgeiz gefehlt, um das Ergebnis vielleicht noch deutlicher ausfallen zu lassen. „Aber entscheidend sind am Ende die zwei Punkte und die haben wir.“ Es war der siebte Sieg der Delitzscher in Folge.
Ditmar Wohlgemuth, Leipziger Volkszeitung vom 17.November 2015
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