Die beste Defensive der Liga konnte der besten Offensive der Liga nicht ganz widerstehen: Die SG DHfK/NHV Delitzsch hat das Topspiel der Sachsenliga gegen den HSV Glauchau am Sonntagabend nach großem Kampf mit 26:28 (15:15) verloren. Um die 350 Zuschauer, darunter ein Häufchen überaus lautstarker Gästefans, sorgten für eine wunderbare Kulisse.
Die Partie hatte einfach alles. Traumhafte Spielzüge, knisternde Emotionen, unbändigen Einsatzwillen. Mehr geht nicht, naja vielleicht noch eine Sache: "Ich denke beide Seiten haben ein tolles Spiel gezeigt, wenn die Schiedsrichter auch noch so gut gewesen wären, wäre es perfekt gewesen", sagte SG-Coach Michael Schneider nach dem Abpfiff. Jaja, die Entscheidungen des unparteiischen Gespanns sorgten mal wieder hüben wie drüben für Zündstoff, entscheidend dürfte jedoch ein objektiv messbarer Faktor gewesen sein: Der wesentlich ausgeglichenere, breitere Glauchauer Kader. "Dagegen fehlen uns die Alternativen. Die Jungs spielen absolut am Limit. Das geht eben nicht 60 Minuten lang", erklärte Schneider.
So lief das Duell der Giganten von der ersten Sekunde an auf einen Abnutzungskampf hinaus. Delitzsch deckte gegen den gewaltigen HSV- Rückraum gezwungenermaßen sehr offensiv, was die Gäste zunächst vor einige Probleme stellte. Vorne trieb der überragende Matze Strehle seine Mannschaft unaufhörlich an, überzeugte als Passgeber und Vollstrecker, traf allein im ersten Durchgang acht mal. Neben Strehle begannen mit Matthias Juknat und Ivo Doberenz zwei etatmäßige Spielmacher im Rückraum, was die Hausherren die feinere Klinge schlagen ließ.
Aber Glauchau, mit vier tschechischen Legionären bis an die Zähne bewaffnet, ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, auch nicht vom anfangs stark haltenden Max Neuhäuser. Im Stile einer Klasse-Mannschaft bissen sie sich förmlich am Spiel fest und waren spätestens Mitte der ersten Halbzeit in Delitzsch angekommen. Nun wogte nicht nur die Führung hin und her, auch die beiden Übungsleiter erreichten Betriebstemperatur. Die Herren Schneider (Michael, SG) und Schneider (Thomas, HSV) eröffneten einen Neben- kriegschauplatz, lieferten sich einen gestenreichen Austausch verbaler Nettigkeiten. Zankapfel: natürlich einige sinnfreie Schiedsrichterentscheidungen.
Kraftraubenderweise kam hinzu, dass die Referees mit immer neuen Zwei-Minuten-Strafen die Gemüter zu beruhigen suchten. Die Konstellation Sieben gegen Sieben gab es ungefähr so oft wie einen Eisbecher in der Hölle. Auch hier spielten den Glauchauern die Untiefen ihrer Bank in die Karten. "Deswegen habe ich auch nie vom Aufstieg gesprochen. Wenn wir uns oben etablieren wollen, müssen wir personell nachlegen", forderte Schneider, den Blick bereits auf die neue Saison gerichtet. Denn direkt nach dem Seitenwechsel schienen die Delitzscher platt wie ein Trecker-Reifen, leisteten sich viele einfache und überhastete Ballverluste. Außerdem stellten sich die Gäste immer besser auf die SG-Offensive ein, wo im Abschluss fast alles über Strehle, Jacob Schlichter und Jan Jungandreas ging. Letzterer trumpfte nach zweimonatiger Verletzungspause in Halbzeit zwei auf, als wäre er nie weggewesen. Doch es reichte nicht.
Fünf Minuten vor dem Ende führte Glauchau mit 28:23, war die Partie praktisch gegessen. Und auch wenn die Delitzscher auf dem Zahnfleisch krochen, aufgeben kam ihnen nicht in den Sinn und sie taten zumindest noch etwas für das Ergebnis. "Ich kann den Jungs nur ein riesiges Kompliment machen", lobte Micha Schneider hinterher. "Wir wollten heute gewinnen, aber es hat nicht sollen sein. Was die Mannschaft Woche für Woche leistet, ist absolut top. Das sollte endlich mal jemand honorieren." Tun wir doch, Herr Schneider. Nebenbei bemerkt steht in zwei Wochen das nächste Spitzenspiel für seine Mannschaft beim Ligazweiten ZHC Grubenlampe an. Bis dahin dürften die Jungs sich körperlich und geistig von der Schlacht gegen Glauchau erholt haben.
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 14.Februar 2012
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