Mittwoch, 10. Juli 2019

"Ich bin nicht mehr nur der Sohn von Uwe"

Jungandreas, mit diesem Namen ist der Handball in Delitzsch seit zwei Jahrzehnten fest verwoben. Einst führte Senior Uwe die Concordia aus der Provinz bis in die 1. Bundesliga. Ein Jahr nach der Insolvenz und dem Neustart als NHV Concordia im Jahr 2010 kehrte Sohn Jan zurück an den Lober, avancierte als Rechtsaußen sofort zum Leistungsträger, Torgaranten und später Kapitän. Nun steigt er mit vergleichsweise zarten 31 Jahren in die schier übergroßen Fußstapfen seines Vaters und wird zur neuen Saison gemeinsam mit Maik Kroke Coach des NHV-Oberliga-Teams, sozusagen als Doppelspitze. Am Montag startet die Mannschaft mit der Vorbereitung. Schon heute steht Jan Jungandreas im Interview Rede und Antwort.
Herr Jungandreas, hat es Sie eigentlich überrascht, dass der Verein mit Ihnen und Maik Kroke zwei im Männerbereich unerfahrenen Trainern des Vertrauen schenkt?
Ein bisschen hat es mich überrascht, vor allem aber ehrt es mich. Ich halte die Konstellation zusammen mit Maik für eine gute Lösung.
Wie soll die Arbeitsteilung zwischen den Trainern Jungandreas und Kroke aussehen?
Da muss sich einiges noch herauskristallisieren. In der Vorbereitung werde ich mich viel um den athletischen Teil kümmern und Maik die Einheiten in der Halle übernehmen. Über taktische Dinge und ähnliches werden wir gemeinsam entscheiden. Deswegen ist diese Phase der Vorbereitung auch für uns beide wichtig, um zu sehen, wie es dann in der Saison laufen soll.
Sie trainieren außerdem drei Nachwuchsmannschaften und sind als Spieler bei der zweiten Männermannschaft aktiv. Müssen Sie Ihr Engagement jetzt nicht zwangsläufig zurückfahren?
Ja, grundsätzlich schon. Aber den Nachwuchs werde ich weiterhin trainieren, weil er mir am Herzen liegt. Außerdem haben wir auch so schon ein Übungsleiter-Problem, wenn ich mich zurückziehen würde, wäre das eine schwer zu schließende Lücke. Mit der zweiten Männermannschaft werde ich nur noch trainieren und spielen, wenn es zeitlich passt. Ich habe das große Glück, dass mein Chef viel Verständnis hat und ich mir das beruflich sehr gut einteilen kann.
Hand aufs Herz: Haben Sie sich schon Rat von Ihrem Vater geholt?
Ja, wir reden immer mal darüber. Ich hole mir ein paar Tipps ab und er hilft mir gerne.
Und worum geht es in den Gesprächen?
Zum Beispiel darum wie man die Vorbereitung am besten plant. Außerdem ist mein Vater Spezialist für Abwehrarbeit. Aber natürlich kann man seine Hinweise nicht eins-zu-eins auf unsere Mannschaft ummünzen. Ich will ohnehin meinen eigenen Weg finden und nicht meinen Vater kopieren.
Haben Sie ein bisschen Angst davor, an Ihrem Vater und seinen Erfolgen gemessen zu werden?
Nein, ich hab mir ja inzwischen einen eigenen Namen in Delitzsch gemacht und bin nicht mehr nur der Sohn von Uwe.
Sie haben schon letztes Jahr gesagt, die 3. Liga sei für den NHV wenig attraktiv. Soll die Oberliga mittelfristig zur Heimat werden?
Das denke ich, zumal wir jedes Jahr die Mannschaft neu aufbauen müssen. Für die 3. Liga sind die Rahmenbedingungen weiterhin nicht optimal, da müssten wir mindestens fünf Mal pro Woche trainieren und eben eine eingespielte Mannschaft haben. Natürlich kann man davon träumen, dass wir eines Tages aufsteigen, aber momentan sehe ich die 4. Liga als unsere Heimat. Wir sollten diese Saison erstmal möglichst schnell in ruhiges Fahrwasser kommen und den Fans attraktiven Handball bieten.
Was werden Sie anders machen als Ihr Vorgänger Wladimir Maltsev?
Ich möchte Wladi da jetzt nicht in den Rücken fallen, aber wir wollen auf jeden Fall mehr Tempo-Handball und ein anderes Abwehrsystem, was mehr in Richtung Ballgewinne forcieren geht, spielen. Man kann das Rad nicht neu erfinden, am Ende willst du ein paar Sachen ein bisschen anders machen. Ich finde, Wladi hat in den vergangenen drei Jahren immer das Beste aus den Voraussetzungen hier gemacht.
Sind die Personalplanungen mit den vier Neuzugängen eigentlich abgeschlossen?
Mit einem Spieler sind wir noch in Verhandlungen, das wird sich aber erst relativ spät entscheiden, hängt von seinem Studienplatz ab. Grundsätzlich steht der Kader, wobei wir einen erfahrenen Rechtshänder für den Angriff und einen dritten Kreisläufer ganz gut gebrauchen könnten. Aber da schlagen wir nur zu, wenn es zu 100 Prozent passt. Insgesamt haben wir einen guten Mix aus älteren und jungen Wilden im Kader.
Ist das Experiment, ausländische Spieler zu holen, nach dem Reinfall im Vorjahr vorerst gescheitert?
Ja, da sind sich alle im Verein einig. Wir wollen unseren Weg konsequent mit jungen Spielern weitergehen. Da passt Steve Baumgärtel mit seinen 35 Jahren zwar nicht unbedingt dazu, aber wir mussten Lucas Mittag ersetzen und Steve hat schon in Leipzig gezeigt, dass er sehr gut mit jungen Spielern harmoniert.
Jan Derk Janßen ist nach seinem zweiten Kreuzbandriss auch so etwas wie ein Neuzugang – wann kehrt er zurück?
Er hat mit lockerem Lauftraining angefangen, macht außerdem viel Kraft- und Stabilisationstraining. Er weiß, dass er sich Zeit lassen und im Training beweisen muss. Dann soll er Spielpraxis in der zweiten Mannschaft sammeln, aber wann das sein wird, können wir noch nicht sagen.
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 10.Juli 2019
Testspiele:
2. August: Aue II – NHV (während des Trainingslagers auf dem Rabenberg) 
6. August: Bernburg – NHV 
13. August: Wittenberg – NHV 
16. August: Ziegelheim – NHV 
18. August: Turnier in Dessau 
20. August: NHV – Dresden II
Zugänge: Niklas Zierau (BSV Magdeburg, A-Jugend), Steve Baumgärtel (SC DHfK Leipzig II), Benedikt Schmidt (HC Burgenland), Maximilian Amtsberg (LSV Ziegelheim), Jonas Meiner (berufsbedingte Sportpause beendet).
Abgänge: Danny Trodler, Sascha Meiner, Lucas Mittag (alle Laufbahn beendet). Nemanja Nesovanovic, Michal Paululik und Mateusz Wolski hatten den Verein schon im Lauf der vergangenen Saison verlassen.

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