Sonntag, 2. Juli 2017

Der letzte Mohikaner

Erinnern Sie sich noch an den 11. September 2010? Als Delitzscher Handball-Enthusiast sollten Sie das. Denn an jenem Tag bestritt die erste Männermannschaft des kaum drei Wochen zuvor gegründeten NHV Concordia Delitzsch ihr erstes Spiel in der Sachsenliga. Der Neustart nach der Insolvenz der „alten“ Concordia begann mit einer derben 20:39-Niederlage beim SV Koweg Görlitz. Fast sieben Jahre ist das inzwischen her und nun hat auch das letzte Urgestein von damals den Verein verlassen. Torhüter Max Neuhäuser bricht zu neuen Ufern auf und blickt ohne Groll zurück auf seine Zeit am Lober.
 
Volksreden sind nicht sein Ding
 
Ein Lautsprecher war der heute 24-Jährige nie, keiner, der Volksreden hielt, schon gar keiner, der sich über die eigene Rolle beschwerte. Nicht einmal, als ihm sein auslaufender Vertrag nicht verlängert wurde. Kein böses Wort kommt über seine Lippen, im Gegenteil. „Es war eine sehr schöne Zeit hier, ich hatte sehr gute Trainer, habe viel gelernt. Und wir Torhüter haben uns immer wieder gegenseitig gepusht“, sagt Neuhäuser. Dabei wurden ihm in den vergangenen Jahren immer wieder neue Konkurrenten vor die Nase gesetzt. Steve Müller etwa, oder Gabór Pulay und Franz Flemming.
Mit den beiden letztgenannten bildete er in der vergangenen Saison das Delitzscher Torhüter-Trio und keiner vermochte so recht zu sagen, wer von den Dreien denn nun die Nummer eins war.
So wurde die Spieljahr 2016/17 zu einer Blaupause für Neuhäusers gesamte Zeit beim NHV. Starke Auftritte wechselten sich mit durchwachsenen Leistungen ab. Fehlende Konstanz nennt sich das wohl in Fachkreisen.
Doch selbst das ständige Wechselspiel zwischen den Pfosten schien Neuhäuser nichts auszumachen. „Das Torhüter-Gespann ist ein Team für sich. Wer spielt, wird von den anderen komplett unterstützt“, versichert der Handball-Keeper.
Nein, der Typ, der große Töne spuckt, ist Max Neuhäuser wahrlich nicht. Vielleicht auch, weil er in seiner ersten Saison beim NHV Demut gelernt hat. Denn nach der Auftakt-Klatsche in Görlitz folgten in 20 Spielen weitere 18 schmerzhafte Niederlagen.
Damals war das Team kurz nach der Concordia-Insolvenz hektisch zusammengezimmert worden. Die Mannschaft setzte sich praktisch nur aus Jugendspielern zusammen, die noch zu grün waren und regelmäßig auf die Mütze bekamen. „Das war eine sehr lehrreiche Zeit, die allen etwas gebracht hat. Man sieht ja, dass viele von damals jetzt höherklassig spielen“, sagt Neuhäuser.
 
Wechsel innerhalb der Oberliga
 
Recht hat er. Kevin Model etwa war gerade mit Plauen-Oberlosa in der Mehrzweckhalle zu Gast. Auch Robin John (USV Halle) und Dominic Kühn (ESV Lok Pirna) spielen in der Mitteldeutschen Oberliga. Clemens Uhlig steht bei Drittligist SG LVB Leipzig unter Vertrag, Tom Hanner gar in der 2. Bundesliga beim Dessau-Roßlauer HV, um nur einige Ehemalige zu nennen.
Derweil folgten nach dem Pleiten-Jahr 2010 für den NHV die großen Erfolge, gekrönt von der Sachsenmeisterschaft 2016 nebst Oberliga- Aufstieg. Und in der Oberliga wird Max Neuhäuser auch in der kommenden Saison spielen. Beim amtierenden Vizemeister HC Burgenland wird er mit Routinier Michal Galia ein schlagkräftiges Torhütergespann bilden.
 
Martin Müller und Sascha Meiner kehren zurück
 
Angesichts des Abschieds einer solchen Identifikationsfigur bekommen zwei Neuverpflichtungen eine ganz besondere Bedeutung. Schließlich kehren mit Martin Müller und Sascha Meiner zwei Spieler aus glorreichen Zweitliga-Zeiten zurück an die Gestade des Lobers. Höchste Zeit, den Blick wieder nach vorn zu richten. Die zweite Saison nach dem Aufstieg ist bekanntlich immer die schwerste, heißt es im dritten Gebot der Handball-Bibel.
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 28.Juni 2017

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