Rund 60 Kinder stehen vor der Delitzscher Mehrzweckhalle. Sie warten auf die Ergebnisse eines soeben beendeten Wettbewerbs beim Familientag des Nordsächsischen Handballvereins (NHV) Concordia Delitzsch. Drinnen beobachtet Vizepräsident Steffen Menzel mit sichtbarer Freude die Begeisterung der Kinder. „Man darf uns zu Recht Kinder- und Jugendsportverein nennen”, sagt Menzel und belegt das mit Zahlen.
Von den 287 Mitgliedern sind 172 jünger als 18. Und seit der Gründung 2010 „haben wir 139 Prozent mehr Kinder und Jugendliche”. Zwölf Jugend- und Kindermannschaften sowie zwei Erwachsenenteams kämpften in der vergangenen Saison um Punkte. Dazu stärken noch mit den Behindertensportlern und den jungen Senioren zwei Freizeitgruppen das Profil des Vereins. Die erste Männermannschaft schaffte als Aufsteiger in die Mitteldeutsche Oberliga, immerhin die vierthöchste deutsche Spielklasse, letztlich souverän den Klassenerhalt.
Kurzum: Das vor sieben Jahren nach der Insolvenz des SV Concordia Delitzsch begonnene Engagement einer Gruppe von zehn Enthusiasten um Menzel und den heutigen Landrat von Nordsachsen, Kai Emanuel, den Handballsport in der 25.000-Einwohner-Stadt gut 20 Kilometer nördlich von Leipzig nicht sterben zu lassen, war erfolgreich. „Es wäre schade gewesen, wenn damals das Aus gekommen wäre”, erinnert sich Menzel, der übrigens selbst nie dem kleinen runden Leder nachjagte, aber sich dem Faszinosum Handball in Delitzsch – der Vorgängerverein spielte in der Saison 2005/06 sogar in der ersten Bundesliga und war viele Jahre fester Bestandteil der zweiten Liga – nicht entziehen konnte.
Die Heimspiele waren damals so etwas wie regelmäßige sport-kulturelle Höhepunkte in Delitzsch. „Das wollten wir erhalten”, sagt Menzel. Ziel war es, die erste Mannschaft als Leuchtturm aufzubauen, dazu als Basis die Kinder- und Jugendarbeit. „Diese Strategie ist aufgegangen”, meint der Vereinsvize. „Der Handball in Delitzsch ist seit längerer Zeit wieder da und hat sich gut entwickelt.”
Inzwischen ist nach Einschätzung des selbstständigen Finanzwirtes der NHV zu einem nicht ganz unbedeutenden Faktor in der Region geworden. Die Oberliga passe ideal zur Wirtschaftskraft von Verein und Stadt. Es gebe zahlreiche Derbys, „die absolute Klassiker sind“. Zu den Heimspielen kamen gegen Ende der abgelaufenen Saison im Schnitt 420 Zuschauer, darunter zwischen 20 und 60 Gäste von auswärts. Und sie lassen nach Menzels Beobachtung auch den einen oder anderen Euro in Delitzsch. „Das ist eine super Rendite für die Stadt.”
Täglich werde die Homepage im Schnitt mehr als 600 Mal angeklickt, die Vereinsseite bei Facebook kommt auf über 2000 Abrufe. Zudem fühlten sich die Sponsoren in der Mehrzweckhalle, dem umbenannten Kultur- und Sportzentrum, sichtlich wohl. „Wir haben uns in den vergangenen Jahren in der Breite erheblich verstärkt, es sind rund 20 Unterstützer dazugekommen.” Den Sponsoren, aber auch den Mitgliedern werde mit Offenheit und Transparenz begegnet. „Wir sagen, was wir vorhaben und haben klare Berichtsstrukturen im Verein. Das ist unser Erfolgsrezept.” Die Aussichten betrachtet Menzel positiv. Das Männer-Team befinde sich in idealer regionaler Lage zwischen Erstligist Leipzig und Zweitligist Dessau. „Wir sind das Handball-Zentrum für Nordsachsen.” Dabei wird ein guter Draht zu den Nachbarvereinen gepflegt. Bestes Beispiel: In der jetzt beendeten Saison gab es im Jugendbereich mehrere gemeinsame Teams mit dem VfB Eilenburg, die als SG Nordsachsen antraten. „Das hat prima geklappt und macht Sinn.” Der Aufwand habe sich gelohnt. Die Fortsetzung folgt. Um den Boom im Nachwuchs zu befördern, „passiert eine Menge“. Unter anderem laufen Projekte mit mehreren Schulen. Da zeichnet sich schon jetzt ab, dass bei einem Familienfest im nächsten Jahr der Andrang der Kinder noch größer sein dürfte.
Ulrich Milde, Leipziger Volkszeitung vom 1.Juli 2017
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen