Michael Schneider von Handball-Sachsenligist NHV Concordia Delitzsch blickt auf eine schwierige Saison zurück. Der „Vulkan am Spielfeldrand“ fordert mehr Demut aus dem Umfeld und will mit dem NHV ein letztes Mal nach der Meisterschaft greifen.
Herr Schneider, die vergangenen drei Sachsenliga-Spielzeiten endeten für den NHV zweimal als Zweiter und einmal als Dritter. Wie frustrierend ist es, den Aufstieg erneut verpasst zu haben?
Klar ist es frustrierend, wenn man aufsteigen will, es aber wieder nicht geschafft hat. Aber das hatte auch seine Gründe. Deswegen sollte man einige Sachen relativieren und auch sehen, mit welcher Konstanz wir in den letzten Jahren oben mitgespielt haben.
Viele Verletzte, Abgänge mitten in der Saison – fühlt man sich als Trainer manchmal hilflos?
Hilflos nicht, aber es war für uns die schwerste Sachsenliga-Saison von allen. Wir haben die wenigsten Fortschritte gemacht. Wir haben immer noch attraktiven Handball gespielt, konnten aber nicht das umsetzen, was wir wollten.
Sie als Trainer angesichts der praktisch permanent angespannten Personallage überhaupt noch eingreifen?
Es gab schon ein paar Möglichkeiten. Wir haben im Training viel in Kleingruppen gearbeitet, das hat recht gut funktioniert. Aber das Grundspiel ist nun einmal auf sechs Mann ausgelegt, die harmonieren. Da konnten wir wenig machen.
Wieviele Probleme hat die verkürzte Sommerpause, wegen der am Ende sinnlosen Relegation, für die nun abgelaufene Saison bereitet?
Sie war jedenfalls nicht förderlich. Die Regenerationszeit war definitiv zu kurz. Jan Jungandreas und Ivo Doberenz zum Beispiel konnten in der Vorbereitung kaum mittrainieren.
Wirkt vielleicht manchmal auch die traditionell große Erwartungshaltung im Umfeld hemmend auf die Mannschaft?
Ich weiß nicht. Was ich weiß, ist, dass leicht eine Euphorie entsteht und viele denken, dass alles von alleine geht, es nie Rückschläge gibt. Dabei haben wir, nüchtern betrachtet, von den ersten fünf Mannschaften der Sachsenliga den mit Abstand kleinsten Etat.
Abgesehen von all den Problemen, gab es auch positive Überraschungen?
Einzelne Spieler, wie Malte Unkell, haben den nächsten Schritt gemacht. Es ist schön zu sehen, wenn Leute etwas wollen und annehmen, was man predigt. Und wir haben auch gute Spiele abgeliefert. Selbst die Niederlage in Hoyerswerda zähle ich dazu.
Wenn einmal die Konkurrenz schwächelte, konnte der NHV das nicht ausnutzen. Waren manche Pleiten auch Kopfsache?
In ein, zwei Spielen war tatsächlich die Überzeugung, gewinnen zu können, nicht da. Manchmal waren wir geistig nicht auf der Höhe und manchmal haben einfach die Leistungen von Schiedsrichtern Spiele gegen uns entschieden.
Wir erklärt sich die Auswärtsschwäche?
Das lässt sich nicht erklären. In dieser Saison mussten wir aber selbst zu Hause enorme Energie aufwenden, um zu gewinnen. Auswärts kam natürlich noch das gegnerische Publikum und manchmal schwache Schiedsrichter dazu. Insgesamt waren wir einfach nicht stabil genug.
Für viele kam es überraschend, dass Sie Ihren Vertrag schon während der Saison verlängert haben. Zwischendurch wirkten Sie sehr unzufrieden.
Ich war auch angesäuert, weil ich gerne den nächsten Schritt machen wollte, um mich persönlich weiterzuentwickeln. In vielen Gesprächen mit dem Vorstand ist dann deutlich geworden, dass der Verein auch mehr Qualität in die Truppe kriegen will.
Wie man es dreht und wendet, das Ziel Aufstieg wurde verfehlt – kommt jetzt der große Umbruch?
Den Umbruch wird es nicht geben. Wir konnten alle Leistungsträger halten. Es werden noch welche hinzukommen müssen. Schlüsselpositionen sind besetzt, wir brauchen nur punktuelle Verstärkungen.
Stehen schon Neuverpflichtungen fest?
Namen kann ich noch nicht nennen, aber wir sind mit einigen in guten Gesprächen.
Machen Sie eigentlich eine Sommerpause, oder kann sich der Trainer das nicht erlauben?
Eine richtige Pause mache ich nicht. Wenn man sagt, „die nächste Saison muss es sein“, dann wird nicht viel pausiert. Die Arbeit geht auf eine andere Art weiter als während der Saison. Die Vorbereitung wird vorbereitet, Trainingssegmente werden ausgearbeitet.
Verstehe ich das richtig: Wenn Sie in dieser Saison nicht den Aufstieg schaffen, war es das für Sie als Trainer beim NHV?
Davon gehe ich aus.
Interview: Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 27.Mai 2015
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