Wenn der größte Widersacher auf des Gegners Parkett die Meisterschaft feiert, ist irgendwas schiefgelaufen. Der Zwickauer HC Grubenlampe beging am Sonntagabend trotz einer 24:24 (12:15)-Pleite beim NHV Concordia Delitzsch den Titel in der Handball-Sachsenliga. Die Hausherren hätten zwei Tore mehr gebraucht, um das Rennen noch einmal spannend zu machen.
Keine Tränen, kein wütender Schaum vor dem Mund - nur ein wenig innere Leere. Weil alle wussten, dass der NHV die Meisterschaft nicht an diesem Tage verspielt hatte. Ganz bestimmt nicht. Denn die zuletzt schier unverwundbaren Zwickauer (17 Siege am Stück) wirkten in Delitzsch sehr menschlich. Das lag vor allem an einer "super Leistung" der Concordia, wie Trainer Michael Schneider nach der Abnutzungsschlacht zum Besten gab.
In der Tat schien sogar der ganz große Wurf möglich. Spätestens nach 35 Minuten beim Stand von 18:13 dürfte auch der größte Zauderer an die Sensation geglaubt haben. Delitzsch verteidigte in dieser Phase unglaublich intensiv und konterte die Gäste ein ums andere Mal aus. Dem ZHC fiel in der Offensive überraschend wenig ein - und so war es eine von mehreren haarigen Schiedsrichterentscheidungen, die Zwickau zurückbrachte. Jan Jungandreas kassierte eine Zweiminutenstrafe, die einem Genickschlag gleich kam. Anschließend zollte der Torjäger dem Meister 2014 seinen Respekt: "Zwickau ist so ausgebufft und dazu körperlich überlegen. Da fällt es sauschwer einen Vorsprung zu verteidigen."
Phasenweise musste man durchaus befürchten, dass die schmalen Delitzscher an ihren Wandschrank-artigen Gegenspielern zerschellten. Sie taten es nicht. Rafften sich nach jedem Niederschlag wieder auf. Selbst als es fünf Minuten vor Ultimo nur noch 24:23 stand, brannte das Feuer lichterloh. Zwei Tore in Folge und exakt 137 Sekunden auf der Uhr ließen den Fans ein letztes Mal den Atem stocken. Doch die Grubenlampe brachte wieder Licht in ihr Dunkel, ließ sich nicht mehr vom Meisterschaftskurs abbringen.
"Es war eine schöne Momentaufnahme, zwischendurch mal fünf Tore wegzugehen. Aber in solchen Momenten braucht man eben auch das nötige Glück, um so eine Serie durchzuhalten", resümierte Schneider. Und Jan Jungandreas ergänzte: "Wir haben die Flucht nach vorne gesucht. Viele Pfiffe der Schiedsrichter gegen uns waren Fifty-Fifty-Entscheidungen." Und so hätte auch die Partie an sich durchaus einen anderen Verlauf nehmen können. Wer weiß, was passiert wäre, wenn Delitzsch zu Beginn des zweiten Durchgangs auf 20:13 davongezogen wäre.
Doch was soll all die schöne Theorie. Praktisch sahen 400 brütend-heiße Zuschauer (davon um die 40 aus Zwickau) ein absolut würdiges Sachsenliga-Spitzenspiel mit dem Hang zum Drama. Die Delitzscher Schlachtenbummler traten den Heimweg mit dem Gefühl an, dass es dann eben im nächsten Jahr klappt mit dem Aufstieg. Auf eine weitere Meisterfeier für die Gäste können sicherlich alle Beteiligten bis zum jüngsten Tag verzichten.
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 8.April 2014
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