Mittwoch, 17. Juni 2015

Ex-Bundesliga-Hüter Steve Müller hängt Handballschuhe an den Nagel

Rückblende: Es ist Sommer 2013 und der NHV Concordia Delitzsch hat als Vizemeister der Sachsenliga gerade denkbar knapp den Aufstieg in die Oberliga verpasst. Beim neuen Versuch in der darauffolgenden Saison soll eine Neuverpflichtung helfen, deren Name in Delitzscher Handballkreisen noch mit glorreichen Bundesligazeiten in Verbindung gebracht wird: Torhüter Steve Müller.
Der großgewachsene Hoffnungsträger hatte einst als Siebenjähriger in der Delitzscher E-Jugend das Handball-Einmaleins erlernt und durchlief sämtliche Concordia-Nachwuchsmannschaften, mit denen er nicht nur etliche überregionale Meisterschaften feierte, sondern es schließlich sogar in den Kader der deutschen Juniorennationalmannschaft schaffte.
Auch als Concordia Delitzsch 2005/06 völlig überraschend (und sportlich wie strukturell überfordert) eine Saison lang in der 1.Bundesliga spielte, war Steve Müller dabei und so kam auch der erst 17-jährige Steve Müller zu einigen Einsätzen in der stärksten Handball-Liga der Welt. Nach einem Gastspiel beim Leipziger Regionalligisten SG LVB gehörte Müller von 2007 bis zum insolvenzbedingten Ende der "alten" Concordia 2010 drei Jahre lang zum Zweitliga-Kader, hatte aber immer wieder mit langwierigen verletzungsbedingten Ausfällen (Kreuzbandriss) zu kämpfen. Zum Stammkeeper entwickelte sich der inzwischen 22-jährige dann bei Oberligist HSG Wolfen, wo er drei Jahre lang zwischen den Pfosten stand und zu einem der besten Torhüter der Liga avancierte.
Mit diesen Vorschusslorbeeren kehrte Steve Müller schließlich vor zwei Jahren nach Delitzsch zurück, um dem aufstiegswilligen NHV bei der Erreichung seiner ehrgeizigen Ziele zu unterstützen. Zwar wusste Müller immer mit souveränen Leistungen zu gefallen, letztlich schrammte der Sachsenligist aber auch in den folgenden beiden Jahren als Zweiter beziehungsweise Dritter mehr oder weniger knapp am ersehnten Aufstieg vorbei. Vielleicht wäre in dieser Saison mehr drin gewesen, allerdings brach sich Keeper Müller im Training Mitte März den Fuß und verpasste so die entscheidenden letzten sechs Saisonspiele, von denen dann auch zwei verloren gingen.
Im - jedenfalls für Handballtorhüter - vergleichsweise jugendliche Alter von gerade einmal 27 Jahren hängt Steve Müller nun schweren Herzens die Handballschuhe für immer an den Nagel, um sich neuen Herausforderungen zu widmen. Bis Ende Juli stehen noch Prüfungen beim Studium an, dann geht es mit Herzensdame Sandy auf die Malediven in den Urlaub.
 
Torwart Steve Müller wird beim heutigen Auftakttraining der Delitzscher Handball-Mannschaft nicht zwischen den Pfosten stehen - er hat seine Laufbahn beendet. Wir sprachen zum Abschied mit Müller, der durch den routinierten Rückkehrer Gabor Pulay ersetzt wird.
 
Warum beenden sie mit erst 27 Jahren ihre Karriere?
Dafür gibt es drei Gründe. Es war von Anfang an mein Plan, mich nach meinem Studium mit voller Kraft meiner beruflichen Karriere zu widmen. Außerdem habe ich gemerkt, dass mein Körper nach einigen Verletzungen und vielen Jahren intensiven Trainings die hohen Belastungen nicht mehr so problemlos verträgt. Und schließlich freue ich mich darauf, meine Zeit endlich frei einteilen zu können. Aber klar, irgendwie wird mir das auch alles fehlen. Zu meiner Entscheidung jedoch stehe ich, da ich ja nicht aus einer Laune heraus aufhöre.
 
Was würden Sie im Rückblick als persönliches Karriere-Highlight bezeichnen?
Damals hatte ich das noch gar nicht richtig realisieren können, aber die Einsätze in der ersten Liga waren natürlich etwas ganz Besonderes. Im Jugendbereich erinnere ich mich außerdem sehr gern an die Titelgewinne bei den Süddeutschen Meisterschaften.
 
Warum ist der NHV in der abgelaufenen Saison zum dritten Mal in Folge knapp am Aufstieg gescheitert?
Darauf gibt es keine kurze Antwort. Die Sachsenliga ist im Vergleich zu Sachsen-Anhalt und Thüringen extrem stark und deshalb ein echtes Nadelöhr auf dem Weg in die Oberliga. Erschwerend kommt hinzu, dass es in der Umgebung zahlreiche Vereine gibt, mit denen der NHV um gute Spieler konkurrieren muss. Außerdem wäre ein breiterer Kader sicherlich hilfreich gewesen, um die vielen Ausfälle besser kompensieren zu können. Hier würde eine zweite Männermannschaft gut tun. Vielleicht kann ja die neue A-Jugend in diese Rolle hineinwachsen. Letztlich soll das alles aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass leider immer wieder wichtige Vier-Punkte-Spiele gegen unmittelbare Aufstiegskonkurrenten unnötig verloren wurden.
Bericht und Interview Jens Teresniak, Leipziger Volkszeitung vom 17.Juni 2015

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