Sonntag, 14. September 2014

NHV - HVH Kamenz 27:22 (14:9)

Rückenwind

"Das war ein Kampf. Und nur so wird es auch in den nächsten Spielen gehen. Mit Einsatz und Leidenschaft", sagte Jan Jungandreas nach dem 27:22-Auftaktsieg seines NHV Concordia Delitzsch am Samstag gegen den HVH Kamenz. Wobei in seinem Fall auch "Leidensfähigkeit" ganz gut gepasst hätte. Der 26-Jährige schleppt sich seit Wochen mit Rückenproblemen durch die Handballwelt. Freitagnacht schien endgültig das Aus für den Saisonstart in die Knochen zu kriechen. "Als ich früh aufgestanden bin, ging gar nichts", erzählte Jungandreas und versuchte es trotzdem. Nach der Erwärmung gab er schließlich grünes Licht.
Trainer Michael Schneider ließ seinen Torjäger dennoch fürs Erste auf der Bank, vertraute in der Anfangsformation gleich drei Neuzugängen. Aber das geplante Fest begann wenig berauschend, Kamenz führte ratzfatz 3:0. Die Hausherren wirkten sichtlich nervös. Ausgerechnet Frischling Lucas Mittag (wird morgen 20) besorgte das erste Tor der jungfräulichen Saison. Das löste so manche Verspannung in den Köpfen und Beinen. Spätestens als Marcus Leuendorf, ganz Kapitän, nach 17 Minuten zum 7:6 einnetzte, kam der NHV-Express ins Rollen.
Bis zur Pause blieb der Triebwagen in der Spur - auch dank neuer Wurfgewalt im Rückraum. Danny Trodler kann an guten Tagen sicher auch von der Mittellinie treffen. Das musste er am Samstag nicht, kam aber auch so zu fünf Toren (alle in der ersten Halbzeit). Das erkannten die Kamenzer und jagten ihre Nemesis fortan über das gesamte Feld. An dessen Ende machte sich Steve Müller breit, der im Concordia-Gehäuse eine erstklassige Vorstellung bot. Zudem stellten seine Vorderleute HVH-Stänker Aurelijus Stankevicius kalt, die wichtigste Offensivwaffe blieb praktisch wirkungslos.
Zu Beginn der zweiten Halbzeit stockte der Express dann wieder, begann eine weitere Schwächephase. Wobei Michael Schneider mit diesem Wort so seine Probleme hat. "Ich würde das als Phasen der Orientierung bezeichnen. Das passiert, wenn wir wechseln. Diejenigen, die reinkommen, müssen wir nach und nach immer besser in unser Spiel einbinden". Seit Wochen predigt der Coach zum Thema Integration der Neuzugänge. In der Praxis kam Kamenz von 16:9 auf 16:14 heran (38.). Zwischendrin betrat Jan Jungandreas das heiß geliebte Linoleum der Becker-Halle und zeigte wenig später, warum er auch mit kaputtem Kreuz kaum aus der Mannschaft wegzudenken ist. Auf seiner Lieblingsposition im rechten Rückraum stand JJ sofort unter Starkstrom. Denn: "Wenn ich draußen sitze, macht mich das verrückt". Den positiven Irrsinn nahm er mit ins Spiel, traf in 20 Minuten fünf Mal - bemerkenswerte Quote.
So plötzlich wie die Schwäche-, pardon, Orientierungsphase gekommen war, verschwand sie wieder in der Tiefe des Raumes. Eine Viertelstunde vor Schluss hieß es 21:14. Das anschließende Schaulaufen garnierte Delitzsch mit vielen unnötigen Fehlern. "Uns war klar, dass wir noch nicht da sind, wo wir hin wollen. Es gab einige Abstimmungsprobleme", sagte Schneider. Die werden auch nächste Woche, wenn es nach Weinböhla geht, noch nicht gelöst sein. Womit wir wieder beim Leitmotiv von Jan Jungandreas wären. Ist es nicht schön, wenn Kreise sich schließen?
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 15.September 2014

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