Welch ein Hinrundenfinale der SG DHfK/NHV Delitzsch: Mit einem dramatischen 28:27 (13:13)-Sieg gegen den HVH Kamenz hat sich die Mannschaft von Trainer Michael Schneider gen Winterpause verabschiedet.
Eigentlich und ganz offensichtlich hätte es ein geruhsamer Adventssonntag werden sollen. Kamenz' Spielertrainer Raik Freudenberg schlenderte mit gewagter Badelatschen-Socken-Kombination am Spielfeldrand umher. NHV-Keeper Max Neuhäuser schien bereits innige Freundschaft mit Neu-Physiotherapeutin Josefine Nitschmann geschlossen zu haben, unterhielt sich überaus angeregt mit der jungen Dame, deren Händen ganz besondere Heilkräfte zugeschrieben werden. Doch auf dem Parkett wehte weniger idyllische Luft, vielmehr schlug den Hausherren eisiger Polarwind aus ostsächsischen Breiten entgegen. Und niemand, so schien es, hatte wetterfeste Kleidung dabei. "Vielleicht waren einige im Vorfeld nicht konzentriert genug. Unser Auftritt hat mir heute gar nicht gefallen", sagte Schneider anschließend. Der HVH kam als Tabellenachter nach Delitzsch, spielte aber beim Dritten auf Augenhöhe. Vor allen Dingen Rückraumschütze Aurelijus Stankevicius verbreitete mit seiner teuflischen linken Klebe Angst und Schrecken, während die SG-Defensive zeitweise wie steifgefroren daneben stand. Auch die Abteilung Attacke brauchte eine Weile um aufzutauen, verrannte sich zu oft in Einzelaktionen. Folge: Nach 17 Minuten stand es 6:8, Schneider bat um Auszeit. Das Projekt Wachrüttelung griff. Wie von einem lauen Fön erwärmt, tropften den Delitzschern die Eiszapfen von den Nasen. Plötzlich hieß es 11:9. Doch so schnell wie er gekommen war, verzog sich der wohlige Dunst wieder aus dem Becker-Karton und die Teams gingen ausgeglichen in die Katakomben.
Dort schien die Heizung komplett ausgefallen zu sein, so wenig lief bei den Hausherren nach Wiederanpfiff zusammen. Schneider probierte alles, wechselte viel - aber nichts wollte fruchten. Zehn Minuten vor Schluss führte Kamenz mit drei Toren. Doch als die Schwingen des SG- Phönix' schon erstarrt schienen, stieg er aus dem Eiswasser empor. "In den letzten fünf Minuten hat man gesehen, was für ein Siegeswille die Jungs schon die ganze Saison auszeichnet", befand Schneider. Die irre Schlussphase eröffnete Marcel Ulrich, der für den ersten Ausgleich seit der Halbzeit sorgte. Kurz darauf kassierte Stankevicius zwei Minuten und Jacob Schlichter lupfte die Führung an den Lober. Dann kamen Glück und Nervenstärke zusammen, als zunächst Ivo Doberenz mit dem Pfosten im Bunde war und Schlichter 30 Sekunden vor Ultimo die Partie per Siebenmeter entschied.
NHV-Vize Steffen Menzel atmete tief durch: "Da war alles drin." Etwas weniger Aufregung hätte sicher nicht geschadet. "Aber dafür müssen wir durchweg ans Limit gehen", sagte Schneider, "und das haben wir heute nicht gemacht".
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 13.Dezember 2011
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