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Ein Delitzscher Handballfest
Delitzsch. Da frohlockte nicht nur das Phrasenschwein: Ein wahres Handballfeuerwerk brannte Concordia Delitzsch am Sonnabend gegen den Tabellenzweiten ab. 36:24 (16:14) besiegte die Truppe von Trainer Uwe Jungandreas den Bergischen HC – der nun schon sechste Erfolg in Serie in der zweiten Bundesliga.Trotz der, speziell in der zweiten Halbzeit, sensationellen Vorstellung von Concordia dauerte es bis zur anschließenden Pressekonferenz, dass über das Gesicht des gestrengen Delitzscher Übungsleiters ein Lächeln huschte. Und er hatte allen Grund zur Freude, perfekt war seine Mannschaft auf die Riesen des HC eingestellt. Aggressiv in der Verteidigung und mit Durchschlagskraft in der Offensive, wo der überragende Martin Hummel nicht nur elf Treffer erzielte, sondern auch als Vorbereiter glänzte.
„Wir haben uns immer weiter in einen Rausch gespielt, während der HC verkrampfte“, beschrieb Jungandreas hinterher das Geschehen. Sein Gegenüber Hans-Dieter Schmitz ergänzte passend: „Wir haben vorne völlig den Kopf verloren, trotz einiger erfahrener Leute.“
Denn was in den zweiten 30 Minuten passierte, hatten selbst kühnste Optimisten wohl nicht zu träumen gewagt. Bezeichnend für die Partie eine Szene aus der Minute 44, als Hummel sich gegen zwei Gästespieler durchsetzte, im Gewühl auf Thomas Oehlrich durchsteckte, der unter größter Bedrängnis im Fallen den Ball unter Einbeziehung des Innenpfostens im Gehäuse unterbrachte. So gut der Ball über weite Strecken im Angriff lief, so exzellent verteidigten die Delitzscher. Und entnervten den Gegner. Rückraum-Ass Jiri Vitek etwa erzielte nur ein einziges Tor. Entsprechend stolz war Defensivspezialist Alexander Pietzsch hinterher. „Ich denke, wir haben heute ein ganz schönes Feuer abgebrannt. Hut ab vor der ganzen Mannschaft!“
Selbigen musste man auch vor Torhüter Gabor Pulay ziehen, der zwei Siebenmeter parierte und da war, als es darauf ankam. Etwa, als sich die Hausherren kurz vor und nach der Pause in Unterzahl eine ganz kurze Schwächephase leisteten. Bis auf Kenneth Klev und Jens-Peter Reinarz, die beide acht Tore erzielten, erreichte kein einziger Gästespieler auch nur annähernd Normalform. Als Klev dann eine Viertelstunde vor dem Abpfiff eine Zwei-Minuten-Strafe absitzen musste, gab es kein Halten mehr. Der HC traf teilweise minutenlang nicht und Concordia zog auf und davon.
„Wir mussten lange warten, bis wir mal so klar gewinnen“, sagte Jungandreas hinterher. Das merkte man auch den Zuschauern an, denn schon drei Minuten vor dem Ende erhoben sich alle von ihren Plätzen und ließen den Abpfiff im Jubel untergehen – fehlte eigentlich nur noch die Verneigung vor der Leistung des Teams.
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 12. April 2010
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Frustrierender 22 Stunden-Ausflug
Harmlos im Angriff und zu langsam in der Abwehr präsentierte sich der Bergische HC bei Concordia Delitzsch. Das 24:36 (14:16) bedeutete die höchste Niederlage dieser Saison des wieder auf Tabellenplatz vier abgerutschten Zweitligisten.
Ha De Schmitz steht nah am Kampfgericht und mustert die voll besetzte Mannschaftsbank. Der Chefcoach des Bergischen HC runzelt die Stirn, greift sich mit der rechten Hand ans Kinn. In Denkerpose geht Schmitz ruhigen Schrittes die Bank ab, schaut jedem seiner Ersatzspieler in die Augen. Er spürt, dass er handeln muss.
Es ist der Zeitpunkt, an dem dem Handball-Zweitligisten das Spiel bei Concordia Delitzsch aus den Händen gleitet. Nach der vergebenen Chance, bei einem Tempogegenstoß zum 20:21 zu verkürzen (39. / Tim Henkel), lassen die Löwen den Tabellensechsten nach Toren von Martin Hummel und Thomas Oehlrich abermals auf vier Treffer davonziehen. Jens Reinarz (20:23) und Kristoffer Moen (21:24) setzen anschließend mit ihren Einzelaktionen die letzten Lebenszeichen des Aufstiegsaspiranten, der in den verbleibenden 18 Minuten den Ansprüchen nicht mehr gerecht wird.
Die Einwechslungen von Simon Kluge für Tim Henkel sowie Christian Hoße für Jens Reinarz auf den Außenpositionen verpufften, weil die Baustellen im Angriffsspiel der Bergischen woanders lagen. Jiri Vitek hatte im rechten Rückraum gegen die offensive Delitzscher Deckung einen schweren Stand und war nahezu die kompletten 60 Minuten abgemeldet. Nach zwei Fehlversuchen in der Anfangsphase probierte es der Tscheche erstmals wieder in der 48. Minute – das 22:28 blieb sein einziger Treffer. Auf der anderen Seite war der achtfache Torschütze Kenneth Klev zwar deutlich erfolgreicher, doch als seine Wirkungskreise mit einer einfachen Verschiebung in der gegnerischen Abwehr eingeengt waren, war die zweite BHC-Niederlage in diesem Jahr besiegelt.
Die Bergischen waren völlig von der Rolle. Der Abwehr, sonst die Lebensversicherung des wieder auf Tabellenplatz vier abgerutschten Zweitligisten, fehlte die Frische, um das Delitzscher Kombinationsspiel zu stören. Dabei stellte der flinke Martin Hummel den Innenblock um Klev, Vitek, Aschenbroich und Duin (beziehungsweise Moen) vor unlösbare Probleme. Dass er die BHC-Schlussleute Mario Huhnstock und Jan Stochl (bereits in der 10. Minute eingewechselt) bei fünf seiner elf Treffer tunnelte, passte in das Bild des frustrierenden 22 Stunden-Ausflugs.
Ein anderes Indiz für die bergische Harmlosigkeit war die Zahl der Paraden von Concordia-Keeper Gabor Pulay im zweiten Abschnitt: Nur vier Bälle hatte der Ungar bei zehn BHC-Treffern abzuwehren. Die weiteren Versuche – wenn es aufgrund der hohen Zahl an Technischen Fehler überhaupt zum Wurf kam – wurden abgeblockt oder waren so unpräzise, so dass Gabor Pulay aufgrund fehlender Herausforderungen einen fast schon gelangweilten Eindruck hinterließ.
Guido Radtke, Rheinische Post vom 12. April 2010