Sonntag, 23. Juli 2017

Handballer können auch Fußball

Zweieinhalb Monate nach dem letzten Meisterschaftsspiel endete für die Delitzscher Oberliga- Handballer in dieser Woche die Sommerpause. Wobei die Concorden ohnehin nie wirklich pausieren, sondern in den vergangenen Wochen artig ihre individuellen Trainingspläne abarbeiteten. Dass dabei auch niemand gemogelt hat, davon konnte sich Trainer Wladimir Maltsev jetzt persönlich überzeugen. Und er kann nicht klagen. „Alle scheinen fit zu sein und ziehen gut mit. Ich bin sehr zufrieden.“ Noch nicht dabei waren Abwehrchef Oliver Wendlandt und Linksaußen Jonas Meiner, weil die beide noch im Urlaub weilten und in Kürze zur Mannschaft stoßen werden.
Der NHV geht mit einem 15er Kader (davon zwei Torhüter) in die – bekanntermaßen schwerere – zweite Saison in der Mitteldeutschen Oberliga. Einen guten Eindruck haben bislang die fünf Neuzugänge Martin Müller, Felix Herholc (beide HSV Bad Blankenburg), Sascha Meiner, Oskar Emanuel (beide SG LVB Leipzig) sowie Tobias Bauske (HG Köthen) hinterlassen. „Natürlich ist es noch zu früh, sich hier ein abschließendes Urteil zu erlauben. Aber ich glaube, die Jungs passen gut in die Mannschaft und ich bin ziemlich sicher, dass wir unsere Abgänge alles in allem mindestens gleichwertig ersetzen konnten“, so Maltsev.
Einen besonders gelungenen Einstand feierte Tobias Bauske, dem beim traditionellen Fußballspiel „Jung gegen Alt“ gleich mehrere sehenswerte Treffer gelangen. Sollte der 24-Jährige Linkshänder im Wurfarm nur ansatzweise soviel Potenzial haben wie in seinem linken Fuß, dürften die Delitzscher Fans viel Freude an ihm haben. Am Ende einer bemerkenswert einseitigen Partie musste sich das ältere Semester haushoch geschlagen geben. Noch nicht wieder ins Geschehen eingreifen konnte Niklas Prautzsch nach seinem im Januar erlittenen Kreuzbandriss. Umso erfreulicher, dass der 20-Jährige während die Kollegen kickten zumindest ungezählte Stadionrunden drehen konnte, übrigens in Begleitung des gertenschlanken NHV-Präsidenten Axel Schüler.
Am nächsten Freitag steht den Concorden der Höhepunkt einer jeden Saisonvorbereitung ins Haus, wenn es für drei Tage ins Trainingslager nach Apolda geht. Dort dürfen sich die Maltsev-Schützlinge nicht nur auf zeitiges Aufstehen, Frühsport und kräftezehrende Einheiten freuen, sondern zum Ausgleich auch auf einen gemütlichen Grillabend. Die handballerische Krönung wird am Samstagabend ein Testspiel gegen den Ligakonkurrenten HSV Apolda bilden. Der war nach einer Niederlage am letzten Spieltag gegen Delitzsch zwar sportlich knapp abgestiegen, durfte sich dann aber doch noch über den Klassenerhalt freuen, da der Sonneberger HV als sportlicher Aufsteiger aus der Thüringenliga versäumt hatte, rechtzeitig für die Oberliga zu melden und vom Sportgericht nach einer zweimonatigen (!) Hängepartie das Startrecht entzogen bekam. Bevor dem NHV am 2. September die Ehre zuteil wird, das offizielle Eröffnungsspiel der Oberliga-Saison 2017/18 samt Mitgliederversammlung des Mitteldeutschen Handballverbandes auszutragen, stehen noch Testspiele gegen Kühnau, Calbe, Radis und Bayreuth auf dem Programm. Außerdem werden die Delitzscher beim Medimax Cup in Dessau sowie beim Holzlandpokal in Hermsdorf um Trophäen kämpfen.
Jens Teresniak, Leipziger Volkszeitung vom 22.Juli 2017

Testspiele:
29. Juli: HSV Apolda (in Apolda) 
3. August: SG Kühnau (in Delitzsch) 
5. August: TSG Calbe (in Calbe) 
11. August: TuS Radis (in Delitzsch) 
12. August: Medimax Cup in Dessau 
19. August: Holzlandpokal in Hermsdorf 
25. August: Haspo Bayreuth (in Delitzsch)

Donnerstag, 20. Juli 2017

"Wir werden besser gerüstet sein"

Am Rande des Trainingsauftakts von Handball-Oberligist NHV Concordia Delitzsch am Montagabend hat sich der Kapitän zu Wort gemeldet. Jan Jungandreas (29) erklärt im Interview, warum ihm selbst während vier Monaten Spielpause nicht langweilig wird, wie er auf die neue Konkurrenzsituation reagiert und wie er mit dem leidigsten aller Themen umgeht: Verletzungen.
 
Herr Jungandreas, wird einem während fast vier Monaten Spielpause nicht manchmal langweilig?
Eigentlich nicht. Wir haben ja, selbst wenn wir mit dem Mannschaftstraining pausieren, einen schönen individuellen Trainingsplan voller Lauf- und Krafteinheiten.
 
Gibt es auch mal eine Zeit im Jahr, in der Sie sportlich rein gar nichts machen?
Ich versuche, zwei, drei Wochen mal wirklich nichts zu tun. Im Kraftbereich arbeite ich aber wegen meiner Verletzungsgeschichte fast durchgängig. Das passt mir auch ganz gut, laufen ist nicht so mein Ding. Es sei denn, es handelt sich um einen 30-Meter-Sprint mit anschließendem Torwurf.
 
Beine hoch legen ist scheinbar auch nicht so Ihr Ding ...
Alle Sportler brauchen Bewegung. Ich spiele auch ab und zu gerne Basketball oder treffe mich mit Patrick Baum (Spielmacher beim NHV) zum Tischtennis.
 
Die Mannschaft ist mit einigen namhaften Spielern verstärkt worden. Wie ist Ihr erster Eindruck?
Ich bin über alle Neuzugänge sehr glücklich. Wir haben zum ersten Mal vier Linkshänder im Kader. Allgemein sind wir mit den Neuen flexibler geworden und sollten nicht mehr so ausrechenbar sein. Auch menschlich passt es wirklich gut.
 
Vier Linkshänder bedeuten für Sie persönlich auch mehr Konkurrenz ...
Natürlich weiß man das, gibt dann im Training vielleicht noch mehr Gas. Ich will ja nach wie vor viel spielen. Andererseits bekomme ich so mehr Pausen, muss nicht mehr ständig 60 Minuten durchspielen wie vergangene Saison
 
Sie werden in diesem Jahr 30 – macht sich das Alter langsam bemerkbar?
Das merkt man schon. Ich bin ja auch nicht gerade verletzungsfrei durch meine Karriere gekommen, da fällt mir inzwischen einiges schwerer. Der Muskelaufbau geht nicht mehr so einfach wie vor zehn Jahren. Andererseits bin ich erst 29 – das ist ja kein Alter.
 
Fällt es trotzdem mit den Jahren schwerer sich zum Trainingsauftakt aufzuraffen?
Eigentlich nicht. Ich glaube, ich bin ganz gut vorbereitet und weiß auch, dass wir jetzt nicht wochenlang auf der Laufbahn verbringen, sondern bald wieder mit dem Ball arbeiten. Ich freu´ mich drauf.
 
Sie haben in Ihrer Laufbahn bereits in der 2. Liga gespielt. Wie ist das Niveau im Vergleich zur Oberliga?
Das kann man nicht vergleichen. In der 2. Liga gibt es eine ganz andere Athletik, da haben wir teilweise zweimal am Tag trainiert, jetzt sind es in der Vorbereitung viermal pro Woche. Auch die Spielbelastung war in Liga zwei eine ganz andere. Aber mittlerweile spielen auch in der Oberliga viele zweitligaerfahrene Jungs. Das macht schon viel Spaß, zumal ich einige von früher kenne.
 
Wie erklären Sie sich die Verletzungsmisere der Vorsaison? Kann man da irgendwie gegensteuern?
Da gab es mehrere Faktoren. Weil der Aufstieg lange nicht feststand, konnten wir erst relativ spät mit der konkreten Planung beginnen. Deswegen waren wir körperlich nicht perfekt vorbereitet. Außerdem kamen einige Spieler nach langen Verletzungspausen zurück und haben das mit in die Saison geschleppt. Ich denke, in diesem Jahr werden wir besser gerüstet sein und den Grundstein in der Vorbereitung legen.
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 19.Juli 2017

Mittwoch, 5. Juli 2017

Boom im Handball-Nachwuchs

Rund 60 Kinder stehen vor der Delitzscher Mehrzweckhalle. Sie warten auf die Ergebnisse eines soeben beendeten Wettbewerbs beim Familientag des Nordsächsischen Handballvereins (NHV) Concordia Delitzsch. Drinnen beobachtet Vizepräsident Steffen Menzel mit sichtbarer Freude die Begeisterung der Kinder. „Man darf uns zu Recht Kinder- und Jugendsportverein nennen”, sagt Menzel und belegt das mit Zahlen.
Von den 287 Mitgliedern sind 172 jünger als 18. Und seit der Gründung 2010 „haben wir 139 Prozent mehr Kinder und Jugendliche”. Zwölf Jugend- und Kindermannschaften sowie zwei Erwachsenenteams kämpften in der vergangenen Saison um Punkte. Dazu stärken noch mit den Behindertensportlern und den jungen Senioren zwei Freizeitgruppen das Profil des Vereins. Die erste Männermannschaft schaffte als Aufsteiger in die Mitteldeutsche Oberliga, immerhin die vierthöchste deutsche Spielklasse, letztlich souverän den Klassenerhalt.
Kurzum: Das vor sieben Jahren nach der Insolvenz des SV Concordia Delitzsch begonnene Engagement einer Gruppe von zehn Enthusiasten um Menzel und den heutigen Landrat von Nordsachsen, Kai Emanuel, den Handballsport in der 25.000-Einwohner-Stadt gut 20 Kilometer nördlich von Leipzig nicht sterben zu lassen, war erfolgreich. „Es wäre schade gewesen, wenn damals das Aus gekommen wäre”, erinnert sich Menzel, der übrigens selbst nie dem kleinen runden Leder nachjagte, aber sich dem Faszinosum Handball in Delitzsch – der Vorgängerverein spielte in der Saison 2005/06 sogar in der ersten Bundesliga und war viele Jahre fester Bestandteil der zweiten Liga – nicht entziehen konnte.
Die Heimspiele waren damals so etwas wie regelmäßige sport-kulturelle Höhepunkte in Delitzsch. „Das wollten wir erhalten”, sagt Menzel. Ziel war es, die erste Mannschaft als Leuchtturm aufzubauen, dazu als Basis die Kinder- und Jugendarbeit. „Diese Strategie ist aufgegangen”, meint der Vereinsvize. „Der Handball in Delitzsch ist seit längerer Zeit wieder da und hat sich gut entwickelt.”
Inzwischen ist nach Einschätzung des selbstständigen Finanzwirtes der NHV zu einem nicht ganz unbedeutenden Faktor in der Region geworden. Die Oberliga passe ideal zur Wirtschaftskraft von Verein und Stadt. Es gebe zahlreiche Derbys, „die absolute Klassiker sind“. Zu den Heimspielen kamen gegen Ende der abgelaufenen Saison im Schnitt 420 Zuschauer, darunter zwischen 20 und 60 Gäste von auswärts. Und sie lassen nach Menzels Beobachtung auch den einen oder anderen Euro in Delitzsch. „Das ist eine super Rendite für die Stadt.”
Täglich werde die Homepage im Schnitt mehr als 600 Mal angeklickt, die Vereinsseite bei Facebook kommt auf über 2000 Abrufe. Zudem fühlten sich die Sponsoren in der Mehrzweckhalle, dem umbenannten Kultur- und Sportzentrum, sichtlich wohl. „Wir haben uns in den vergangenen Jahren in der Breite erheblich verstärkt, es sind rund 20 Unterstützer dazugekommen.” Den Sponsoren, aber auch den Mitgliedern werde mit Offenheit und Transparenz begegnet. „Wir sagen, was wir vorhaben und haben klare Berichtsstrukturen im Verein. Das ist unser Erfolgsrezept.” Die Aussichten betrachtet Menzel positiv. Das Männer-Team befinde sich in idealer regionaler Lage zwischen Erstligist Leipzig und Zweitligist Dessau. „Wir sind das Handball-Zentrum für Nordsachsen.” Dabei wird ein guter Draht zu den Nachbarvereinen gepflegt. Bestes Beispiel: In der jetzt beendeten Saison gab es im Jugendbereich mehrere gemeinsame Teams mit dem VfB Eilenburg, die als SG Nordsachsen antraten. „Das hat prima geklappt und macht Sinn.” Der Aufwand habe sich gelohnt. Die Fortsetzung folgt. Um den Boom im Nachwuchs zu befördern, „passiert eine Menge“. Unter anderem laufen Projekte mit mehreren Schulen. Da zeichnet sich schon jetzt ab, dass bei einem Familienfest im nächsten Jahr der Andrang der Kinder noch größer sein dürfte.
Ulrich Milde, Leipziger Volkszeitung vom 1.Juli 2017

Sonntag, 2. Juli 2017

Der letzte Mohikaner

Erinnern Sie sich noch an den 11. September 2010? Als Delitzscher Handball-Enthusiast sollten Sie das. Denn an jenem Tag bestritt die erste Männermannschaft des kaum drei Wochen zuvor gegründeten NHV Concordia Delitzsch ihr erstes Spiel in der Sachsenliga. Der Neustart nach der Insolvenz der „alten“ Concordia begann mit einer derben 20:39-Niederlage beim SV Koweg Görlitz. Fast sieben Jahre ist das inzwischen her und nun hat auch das letzte Urgestein von damals den Verein verlassen. Torhüter Max Neuhäuser bricht zu neuen Ufern auf und blickt ohne Groll zurück auf seine Zeit am Lober.
 
Volksreden sind nicht sein Ding
 
Ein Lautsprecher war der heute 24-Jährige nie, keiner, der Volksreden hielt, schon gar keiner, der sich über die eigene Rolle beschwerte. Nicht einmal, als ihm sein auslaufender Vertrag nicht verlängert wurde. Kein böses Wort kommt über seine Lippen, im Gegenteil. „Es war eine sehr schöne Zeit hier, ich hatte sehr gute Trainer, habe viel gelernt. Und wir Torhüter haben uns immer wieder gegenseitig gepusht“, sagt Neuhäuser. Dabei wurden ihm in den vergangenen Jahren immer wieder neue Konkurrenten vor die Nase gesetzt. Steve Müller etwa, oder Gabór Pulay und Franz Flemming.
Mit den beiden letztgenannten bildete er in der vergangenen Saison das Delitzscher Torhüter-Trio und keiner vermochte so recht zu sagen, wer von den Dreien denn nun die Nummer eins war.
So wurde die Spieljahr 2016/17 zu einer Blaupause für Neuhäusers gesamte Zeit beim NHV. Starke Auftritte wechselten sich mit durchwachsenen Leistungen ab. Fehlende Konstanz nennt sich das wohl in Fachkreisen.
Doch selbst das ständige Wechselspiel zwischen den Pfosten schien Neuhäuser nichts auszumachen. „Das Torhüter-Gespann ist ein Team für sich. Wer spielt, wird von den anderen komplett unterstützt“, versichert der Handball-Keeper.
Nein, der Typ, der große Töne spuckt, ist Max Neuhäuser wahrlich nicht. Vielleicht auch, weil er in seiner ersten Saison beim NHV Demut gelernt hat. Denn nach der Auftakt-Klatsche in Görlitz folgten in 20 Spielen weitere 18 schmerzhafte Niederlagen.
Damals war das Team kurz nach der Concordia-Insolvenz hektisch zusammengezimmert worden. Die Mannschaft setzte sich praktisch nur aus Jugendspielern zusammen, die noch zu grün waren und regelmäßig auf die Mütze bekamen. „Das war eine sehr lehrreiche Zeit, die allen etwas gebracht hat. Man sieht ja, dass viele von damals jetzt höherklassig spielen“, sagt Neuhäuser.
 
Wechsel innerhalb der Oberliga
 
Recht hat er. Kevin Model etwa war gerade mit Plauen-Oberlosa in der Mehrzweckhalle zu Gast. Auch Robin John (USV Halle) und Dominic Kühn (ESV Lok Pirna) spielen in der Mitteldeutschen Oberliga. Clemens Uhlig steht bei Drittligist SG LVB Leipzig unter Vertrag, Tom Hanner gar in der 2. Bundesliga beim Dessau-Roßlauer HV, um nur einige Ehemalige zu nennen.
Derweil folgten nach dem Pleiten-Jahr 2010 für den NHV die großen Erfolge, gekrönt von der Sachsenmeisterschaft 2016 nebst Oberliga- Aufstieg. Und in der Oberliga wird Max Neuhäuser auch in der kommenden Saison spielen. Beim amtierenden Vizemeister HC Burgenland wird er mit Routinier Michal Galia ein schlagkräftiges Torhütergespann bilden.
 
Martin Müller und Sascha Meiner kehren zurück
 
Angesichts des Abschieds einer solchen Identifikationsfigur bekommen zwei Neuverpflichtungen eine ganz besondere Bedeutung. Schließlich kehren mit Martin Müller und Sascha Meiner zwei Spieler aus glorreichen Zweitliga-Zeiten zurück an die Gestade des Lobers. Höchste Zeit, den Blick wieder nach vorn zu richten. Die zweite Saison nach dem Aufstieg ist bekanntlich immer die schwerste, heißt es im dritten Gebot der Handball-Bibel.
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 28.Juni 2017

Matsev träumt von Liga drei

Der NHV Concordia Delitzsch hat als Aufsteiger in die Mitteldeutsche Handball- Oberliga eine phasenweise sensationelle Saison hingelegt. Am Ende landete die Mannschaft trotz einer beispiellosen Verletztenmisere auf Rang acht, schlug auf dem Weg dorthin unter anderem den souveränen Meister Bad Blankenburg. Trainer Wladimir Maltsev, 47, blickt im Interview auf die kräfte- und nervenzehrende Spielzeit zurück, erklärt den Zusammenhang zwischen Fitness- und Besetzungsproblemen und überrascht mit der Ansage, dass in zwei oder drei Jahren der Aufstieg in die 3. Liga möglich sein könnte.
 
Herr Maltsev, mit etwas Abstand: Wie viel Kraft hat alle Beteiligten diese erste Oberligasaison gekostet?
Sehr viel. Wir sind aber auch sehr froh darüber, wollen uns jetzt erholen und den Kopf freibekommen. Gerade die angeschlagenen Spieler sollen die freie Zeit im Sommer genießen.
 
Die Saison war geprägt von Personalproblemen. Haben Sie solch eine Verletztenmisere schon einmal erlebt?
Ich hätte jedenfalls nicht gedacht, dass es so extrem wird. Aber es ist eben so, dass wir auf Amateurniveau spielen, da verpassen die Spieler manchmal ein Training und wenn man nicht richtig fit ist, verletzt man sich leichter. Das haben wir zum Beispiel bei Felix Randt gesehen. Er wollte zu schnell wieder einsteigen und hat sich gleich wieder verletzt. Es geht eben nicht von null auf hundert. Zwei- bis dreimal Training pro Woche sind einfach zu wenig, dann bekommt man muskuläre Probleme und verträgt die harten Zweikämpfe im Spiel nicht.
 
Wie sind Sie damit umgegangen, dass im Training teilweise so wenig Spieler da waren?
Ich musste vorsichtig sein, weil einige Spieler fast immer 60 Minuten durchspielen mussten. Dann kannst du natürlich keine Zweikämpfe trainieren, sondern musst mehr Wert auf Regeneration legen. Das war schwierig für mich, weil wir ja auch als Mannschaft nach den vielen Veränderungen im Kader erst zusammenwachsen mussten.
 
Als gar nichts mehr ging, mussten Sie sogar noch einmal selbst mitspielen. Wie ist Ihnen das Spiel in Erinnerung?
Das war unser Tiefpunkt. Wir wollten das Spiel eigentlich absagen, weil wir nur sechs fitte Feldspieler hatten. Dann habe ich mich als Siebter zur Verfügung gestellt, um wenigstens dem ein oder anderen eine kurze Pause zu verschaffen. Am Ende waren die Jungs dann einfach platt.
 
Steigt in solchen Spielen nicht auch das Verletzungsrisiko noch einmal an?
Natürlich. Aber nicht nur in dem Spiel selbst. Dann reichen manchmal selbst fünf Tage Pause nicht. Deswegen ist es extrem wichtig, sich fit zu halten.
 
Die Zusammenstellung der Mannschaft lief ja schon vor der Saison nicht optimal...
Ich hatte keine Zeit, eine Mannschaft zusammenzustellen, habe dann noch einige Spieler überredet, die davor länger verletzt waren oder ganz pausiert hatten. Das war natürlich eine schwierige Situation.
 
Und jetzt sind erneut acht Spieler gegangen.
Ja, aber darunter waren bis auf Malte Unkell keine absoluten Leistungsträger. Unser Ziel war es, mehr Qualität in den Kader zu kriegen. Es soll keinen Bruch geben, wir wollen schließlich nicht jedes Jahr gegen den Abstieg spielen, sondern langsam beginnen, viele junge Talente mit einzubauen, die dann mit den erfahrenen Spielern zusammen wachsen. So wie es damals war, als ich für Delitzsch gespielt habe und wir Jungs wie Rico Göde oder Lars Kaufmann aus dem Nachwuchs herangezogen haben. Die Chemie zwischen jung und alt muss stimmen.
 
Zugänge stehen immerhin schon fest. Worauf liegt Ihr Hauptaugenmerk, wenn die Vorbereitung beginnt?
Wir wollen unser Spiel schneller machen, aggressiver nach vorn laufen, das Umschaltspiel verbessern. Das hat aus verschiedenen Gründen in der vergangenen Saison nicht geklappt. Da mussten wir kraftsparend spielen.
 
Am Ende ist trotz aller Widrigkeiten Platz acht herausgesprungen. Sind Sie zufrieden? Sehen Sie Steigerungsmöglichkeiten.?
Wir können zufrieden sein mit dem, was wir erreicht haben. Jetzt wollen wir noch mehr Stabilität in unser Spiel bringen und uns in der Liga etablieren. Da ist auf jeden Fall noch Luft nach oben.
 
Mit Sascha Meiner oder Martin Müller sind zwei Leute mit Zweitliga- Erfahrung gekommen. Können sie die Mannschaft auf ein neues Level bringen?
Ich erwarte, dass sie uns mehr Qualität bringen. Wir brauchen solche erfahrenen Spieler.
 
Ist eines Tages für den NHV mehr drin als die 4. Liga?
Als Sportler muss man dieses Ziel haben, aber wir müssen auch immer auf unser Budget gucken. Der Verein will nichts überstürzen. Aber ich denke, wenn wir die Mannschaft zwei, drei Jahre zusammenhalten können, können wir aufsteigen und auch in der 3. Liga bestehen.
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 26.Juni 2017