Es ist zum Mäusemelken. Die Handball-Mannen des NHV Concordia Delitzsch sind bei Sachsenliga-Schlusslicht SC Riesa am Sonntagabend nicht über ein 31:31 (16:17) hinausgekommen. Damit hat die Mannschaft von Trainer Michael Schneider vorm Topspiel gegen Einheit Plauen am kommenden Sonnabend fünf Punkte Rückstand auf den Spitzenreiter. Schon wieder haben sich die dunklen Vorahnungen des Michael S. erfüllt. Nach der überraschenden Pleite in Zwönitz Ende Januar schwante dem Coach auch diesmal Unheil - und so senkte sich auch in Riesa dunkle Nacht über das Spiel des NHV. Wirken in der Fremde etwa böse Voodoo-Geister? Sind die Auswärtsfahrten anno 2013 mit einem Fluch belegt? Mitnichten. Es reichen irdene Erklärungen, um dem wenig behaglichen Abend näher zu kommen.
Als da wäre: der schmerzlich vermisste Kreisläufer Marcel Ulrich, der mal wieder belegte, dass Delitzsch den Ausfall von Leistungsträgern schlicht nicht kompensieren kann. Ohne den erfahrenen Häuptling fand die Abwehr von Anfang an keinen Zugriff, wurde aus einem schnellen 0:3 fast ebenso schnell ein 3:9. So liefen die Gäste das gesamte Spiel über einem Rückstand hinterdrein. "Deswegen können wir am Ende mit dem Punkt zufrieden sein", sagte Schneider, "aber mit der Spielweise bin ich über weite Strecken nicht einverstanden gewesen".
Immerhin schienen sich die Concorden noch im ersten Durchgang zu berappeln, schlichen sich bis zur Pause bis auf ein Tor heran.
Normalerweise kippen Abstiegskandidaten in solchen Fällen gern um, verlieren nach der Führung das Zutrauen und schließlich das Spiel. Doch Riesa wollte dieser schicksalhaften Weisheit partout nicht gehorchen, kam mit viel Dampf aus der Kabine und setzte sich wieder auf 26:21 ab. Ob der ein oder andere Delitzscher die Schlusslichter womöglich auf die leichte Schulter genommen hatte? "Das denke ich nicht", meinte Schneider. "Vielmehr sind einige übermotiviert rangegangen. Andere brauchen einfach noch Zeit, um sich auf diesem Niveau einzugewöhnen."
Zum Glück hatten die Gäste schon an diesem Tag noch etwas Zeit, den Super-Gau abzuwenden. Tatsächlich übernahmen sie in einer dramatischen Schlussphase beim Stand von 31:30 zum ersten Mal die Führungsrolle. Nach dem postwendenden Riesaer Ausgleich blieben noch 30 Sekunden für einen Zittersieg. Auch wenn daraus nichts mehr wurde, zog Schneider verbal seine Kappe. "Die Einstellung stimmt." Das ist wohl das Einzige worüber er sich gegen Plauen am Sonnabend keine Sorgen machen muss.
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 26.Februar 2013