Das war nichts für Handballästheten, sondern eher für Freunde ergebnisorientierter Magerkost. Die ersatzgeschwächte SG DHfK/NHV Delitzsch hat den Zwönitzer HSV am Sonntagabend glasklar aber ohne Glanz und Gloria mit 29:22 (16:11) besiegt.
Es gibt so Tage, an denen wirkt fast alles seltsam lethargisch, ja beinahe lustlos. Selbst die Zuschauer im Becker-Palast hielten am ersten Advent eher besinnlich inne. Die gedämpfte Stimmung schien sich auch aufs Parkett zu übertragen. Die Deckung der Hausherren ließ anfangs die übliche Aggressivität vermissen, verteilte einige vorweihnachtliche Gastgeschenke. Vorn ging sogar noch weniger. Erst als Jacob Schlichter nach quälend langen sechs Minuten die Rute auspackte und seinen Wurfarm justierte, fiel der erste SG-Treffer. Und auch die nächsten fünf Delitzscher Tore besorgte der zarte Linksaußen, der an diesem Tag als Einziger, neben Torwart Stephan Sarközy, zu Normalform fand und mit zehn Buden in Halbzeit eins die Schlichter-Festspielsaison eröffnete. Trainer Michael Schneider grollte dem Rest der Truppe dennoch nicht. "Das war schon ok. Ein Handballfest hatte ich heute ohnehin nicht erwartet."
Zwischenzeitlich entzündeten die Gastgeber dann aber doch mehr als nur die erste Kerze. In den Schlussminuten des ersten Durchgangs drehte plötzlich eine fremde Macht am Gashahn und Zwönitz verging mit einem Mal Hören und Sehen. Der HSV agierte ohnehin offensiv flexibel wie ein Stahlträger, suchte stets den Weg über seine hünenhaften Rückraumspieler. Die hatten außer ihrer Größe und brachialer Wurfgewalt allerdings recht wenig zu bieten und ihr Pulver alsbald verschossen. "Sonderlich flink sind die nicht", sagte Schneider, "aber wir haben uns die Dinger hinten auch erarbeitet". Dinger, die fast zwangsläufig zu vielen schnellen Toren führten.
Schade nur, dass die Delitzscher ihren gerade gefundenen Elan offenbar in der Kabine vergaßen und das Spiel nach dem Wechsel nur noch wie ein fast ausgetrockneter Flusslauf vor sich hin plätscherte. Zwönitz fehlten schlichtweg die Mittel, um die Partie noch zu drehen, die SG schaltete wieder in den Energiesparmodus zurück, vielleicht schon das Topspiel bei Ligaprimus Einheit Plauen am kommenden Sonnabend im Hinterkopf.
Selbst das mit großer Vorfreude erwartete Duell am Kreis zwischen Marcel Ulrich und der 40-jährigen Concordia-Ikone Vasile Sajenev, inzwischen HSV-Spielertrainer, verkam zur Randnotiz. "Die haben doch die ganze Zeit nur gequatscht", sagte SG-Mannschaftsleiter Sören Raab zum Nichtangriffspakt der beiden Kumpels. Nunja, schiedliche Friedlichkeit passt ja ganz gut zum Advent.
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 29.November 2011
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