Montag, 18. Mai 2020

"Der Meistertitel wäre drin gewesen"

Seine erste Saison als Trainer im Herrenbereich hat Jan Jungandreas mit der Vizemeisterschaft in der Handball-Oberliga beendet. Im Interview spricht der 32-jährige Erfolgscoach des NHV Concordia Delitzsch über freudige Ereignisse, verpasste Chancen, den Aufstiegsverzicht und eigene Ambitionen.
 
Der NHV hat die Saison als Vizemeister abgeschlossen. Der Trainer ist zufrieden?
Jan Jungandreas: Sehr zufrieden. Platz zwei hatte vor Saisonbeginn niemand erwartet.
 
Ausschlaggebend war der Top-Start mit zwei Auswärtssiegen in Folge?
Unsere Erfolge in Köthen und Plauen – beide gehören zu den schwierigsten Auswärtspartien in der Oberliga – haben uns Rückenwind gegeben. Das Team hat da gemerkt, dass es gegen die Top-Teams mithalten kann, auch auswärts.
 
Zwischendurch gab es einen kleinen Hänger.
Leider. Aber: Unsere Spieler sind keine Profis. Schon in der Vorbereitung hatte sich angedeutet, dass es auch mal ein Wellental geben könnte. Schließlich gab es ein neues Trainer-Duo, wieder eine fast komplett neue Mannschaft. Es ist normal, dass dann mal die Konstanz fehlt. Zumal wir viele junge Spieler haben.
 
Es hätte auch Platz eins sein können, wenn die Saison weitergegangen wäre?
Das ausgefallene Spiel gegen den HC Burgenland, den Meister, wäre natürlich ein absolutes Highlight gewesen. Aber auch danach hätten wir ein schwieriges Restprogramm gehabt. Sicherlich wäre der Meistertitel drin gewesen, aber auch Platz drei.
 
Warum wollte der NHV nicht aufsteigen?
Unsere Top-Platzierung hatte keiner erwartet. So war die Vorbereitungszeit für die dritte Liga viel zu kurz. Trainingsaufwand, Finanzen – da hätten wir mehr Professionalität benötigt. Zudem ist für einige ältere Spieler die dritte Liga wegen des höheren Aufwands kein Thema mehr.
 
Was war das schönste Erlebnis in der Saison?
Da fallen mir spontan zwei ein. Unser Spiel gegen Bad Blankenburg. Wir lagen mit fünf Toren zurück und haben das Spiel kurz vor Schluss noch gedreht und gewonnen. Und: Das erste Tor von Jan Derk Janßen nach zweijähriger Verletzungspause.
 
Die Mischung aus Jung und Alt hat sich bewährt?
Auf alle Fälle. Junge Spieler, die ehrgeizig sind und das Ziel haben, irgendwann dritte oder sogar zweite Liga zu spielen, und ältere Spieler, die zum Teil Erstligaerfahrung haben und den jüngeren ganz viel mitgeben können – diese Kombination hat sich bewährt. Diese Mischung möchten wir auch in den nächsten Jahren beibehalten.
 
Welcher Spieler hat den größten Sprung nach vorn gemacht?
Das waren mehrere. Niklas Prautzsch hat sich als erster Mittelmann etabliert und ist jetzt ein Führungsspieler. Moritz Brodowski am Kreis. Marian Voigt, der eine richtig gute Entwicklung genommen und sich seinen Platz als Nummer eins im Tor wirklich verdient hatte. Auch Maximilian Amtsberg hat sich gut gemacht. Daniel Sowada ist mittlerweile ein absoluter Führungsspieler. Tobias Karl hat ebenfalls einen Sprung nach vorne gemacht.
 
Vorige Saison noch Spieler, dann Trainer des Teams – war das ein riskantes Experiment?
Spannend war das auf jeden Fall, auch gewagt. Aber mit meinem Co- Trainer Maik Kroke habe ich einen guten Coach an meiner Seite. Zudem hatte ich von älteren Spielern wie Martin Müller, Felix Herholc und Frank Grohmann ebenso volles Vertrauen wie vom Vorstand. Mike und ich haben versucht, an uns zu arbeiten. Die ersten beiden Siege haben natürlich auch uns als Trainer Sicherheit gegeben.
 
Hat sich die Trainertätigkeit im Laufe der Saison verändert?
Die Distanz von Spieler zu Trainer verändert sich schon. Ich möchte nicht immer dabei sein, wenn die Jungs feiern und ich muss auch nach dem Training nicht in der Kabine dabei sein. Die Spieler sollen dort auch mal über die Trainer reden können.
 
Ist die nächste Saison, wann immer sie auch startet, finanziell abgesichert?
Laut den Signalen, die wir vom Verein bekommen haben, stehen wir auf gesunden Beinen. Dem vertrauen wir zu einhundert Prozent.
 
Oliver Wendlandt geht, dafür kommt Max Kalliske vom Drittligisten Bad Neustadt. Was ist noch geplant?
Nichts weiter. Was passieren könnte, sollte die Staffel auf 18, 19 Mannschaften hochgehen, wissen wir noch nicht. Dann würden wir vielleicht noch einmal tätig werden.
 
Wer Vizemeister ist, gehört nächste Saison zum Favoritenkreis?
Das ist automatisch so. Daran müssen wir uns gewöhnen. Trotzdem werden wir uns mit Aussagen wie „Wir wollen Platz eins“ zurückhalten. Das Ziel bleibt, die jungen Spieler zu fördern und attraktiven Handball zu bieten.
 
Der Aufstieg in die dritte Liga ist aber nicht für alle Zeiten ausgeschlossen?
Wenn wir uns in der Oberliga im oberen Drittel etablieren, wird es problematisch, jedes Mal zu sagen, wir wollen nicht. Dann wäre es für die jungen Spieler schwierig, die nötige Motivation zu finden, für uns als Trainer ebenfalls. Dessen ist sich der Vorstand bewusst. Da sollte der Verein Stück für Stück weitere Schritte gehen, um es dann doch mal in der dritten Liga zu probieren.
 
Welche persönlichen sportlichen Ziele hat Trainer Jan Jungandreas?
Ich bin 32 Jahre alt und möchte ausloten, was geht. Ich will mich jedes Jahr als Trainer weiterentwickeln, meinen eigenen Stil finden, wie meine Mannschaften Handball spielen. Wo die Reise mal hingehen wird, das werden wir sehen.
Ulrich Milde, Leipziger Volkszeitung vom 15.Mai 2020

Mittwoch, 6. Mai 2020

Saison beendet - NHV Vizemeister

Die sportaffinen Spatzen pfiffen es schon seit längerem von den Dächern, jetzt ist es amtlich: Die Saison 2019/20 der Mitteldeutschen Handball-Oberliga ist nun offiziell und damit vorzeitig beendet. „Eine Weiterführung des Spielbetriebs ist auf Grund der Corona bedingten Einschränkungen nicht möglich“, teilte der Verband mit. Der HC Burgenland wurde zum Staffelsieger erklärt und darf nun in die dritte Liga aufsteigen. Der NHV Concordia Delitzsch holte sich den Titel des Vizemeisters.
„Wir können stolz sein auf Platz zwei“, kommentierte NHV-Cheftrainer Jan Jungandreas. „Wenn uns das einer vor der Saison erklärt hätte, dann hätte ich ihn für verrückt erklärt.“ Die Nordsachsen haben eine überragende Saison gespielt, lagen zum Hinrundenende vorn und weisen mit 30:12 Punkten exakt so viele Zähler auf wie Burgenland. Die Saalestädter haben allerdings mit 597:530 Treffern das bessere Torverhältnis gegenüber den Delitzschern (575:540). Leicht abgeschlagen auf dem dritten Rang landete der HSV Bad Blankenburg (26:16 Punkte).
Normalerweise zählt in der Oberliga am Saisonende bei Punktgleichheit der direkte Vergleich. Somit hätte eigentlich der NHV die Nase vorn gehabt. Die Concorden gewannen die Hinrundenbegegnung in Burgenland mit 29:23. Das Rückspiel fiel der Pandemie zum Opfer und wurde nicht ausgetragen. Somit zählt jetzt das Torverhältnis. Was letztlich für die Concorden nicht ausschlaggebend ist, denn sie hatten schon vor Monaten erklärt, nicht aufsteigen zu wollen.
„Glückwunsch nach Naumburg“, sagte Jungandreas. Er hoffe, dass es beim HCB eine Staffel höher klappen werde. „Einfach wird das nicht, aber sie haben sich gut verstärkt.“ So hat das Team, bei dem der Ex-Delitzscher Max Neuhäuser im Tor steht, bereits fünf Neuzugänge verpflichtet, darunter den Ungarn Daniel Zele vom Zweitliga-Rückkehrer Dessau- Roßlauer HV und Chris Hoffmann von der HG Köthen.
Absteiger wird es in dieser Saison nicht geben. Schlusslicht HBV Jena, der Tabellenvorletzte SV Oebisfelde und der Zwölfte, der HC Aschersleben, bleiben also in der Oberliga. Die wird in der kommenden Saison wohl aus mehr als den üblichen 14 Vereinen gebildet. Denn aus den Landesverbänden Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen kann es je einen Aufsteiger geben. Noch steht allerdings nicht fest, ob alle bisherigen Oberligisten auch für die neue Runde melden werden. Die Pandemie hat ein Loch in so manche Vereinskasse gerissen.
Trotz verwehrter Meisterschaft – in zwei Statistiken ist der NHV ganz vorne. Frank Grohmann (152 Treffer) hat seinen Vorjahrestitel als Torschützenkönig verteidigt und Martin Danowski vom HC Einheit Plauen (143) auf Rang zwei verwiesen. Zweitbester Concorde ist hier mit 82 Toren Maximilian Amtsberg auf Platz 24. Grohmann vor Danowski – so lautet auch die Reihenfolge der erfolgreichsten Strafwurf-Schützen. Der Delitzscher erzielte 65 Treffer vom Siebenmeterpunkt. Das entspricht bei 76 Versuchen einer Erfolgsquote von 85,53 Prozent. Danowski kommt auf 53 Tore und eine Quote von 80,30 Prozent.
Ulrich Milde, Leipziger Volkszeitung vom 5.Mai 2020

Sonntag, 3. Mai 2020

Abschlußtabelle der Saison 2019/20

Gesamtstatistik Saison 2019/2020
Platz Mannschaft Sp. P. T. GT. Diff, S U N
1 HC Burgenland 21 30 597 530 67 14 2 5
2 NHV Concordia Delitzsch 21 30 575 540 35 15 0 6
3 HSV Bad Blankenburg (N.) 21 26 589 531 58 12 2 7
4 SG Pirna/Heidenau 21 24 476 461 15 10 4 7
5 SV Plauen-Oberlosa 04 21 23 555 520 35 10 3 8
6 HSG Freiberg 21 22 573 570 3 9 4 8
7 EHV Aue II (N.) 21 22 598 603 -5 9 4 8
8 USV Halle 21 21 602 594 8 9 3 9
9 HG 85 Köthen 21 21 545 568 -23 10 1 10
10 HSV 1990 Apolda 21 20 517 535 -18 9 2 10
11 HC Einheit Plauen 21 18 554 572 -18 7 4 10
12 HC Aschersleben 21 14 553 595 -42 6 2 13
13 SV Oebisfelde 1895 21 14 526 575 -49 7 0 14
14 HBV Jena 90 21 9 546 612 -66 3 3 15

Es gibt keine Absteiger und die neue Saison wird voraussichtlich mit 17 Teams gestartet.

Samstag, 2. Mai 2020

Delitzscher Oberliga-Handballer spenden Prämien und kaufen Geistertickets

Der Verkauf der Geisterspieltickets des NHV Concordia Delitzsch hat in den letzten Tagen ordentlich Fahrt aufgenommen. Nach knapp einer Woche haben die Fans des Delitzscher Handballsports bereits mehr als 100 Tickets sowie dutzende virtuelle Bratwürste und Kaltgetränke erworben. Besonders erfreulich ist zudem, dass bislang mehr als 40 „Fünfer für den Nachwuchs“ gespendet wurden.
Da will auch das Aushängeschild des Vereins nicht zurückstehen. Als der scheidende Kreisläufer Oliver Wendlandt seinen Teamkollegen der Oberliga-Mannschaft den Vorschlag unterbreitete, die Mannschaftskasse zu plündern, um für jedes Teammitglied ein Geisterticket und einen Nachwuchs-Fünfer zu kaufen, herrschte schnell Einigkeit, den Verein auf diese Weise zu unterstützen.
Doch damit nicht genug. Auch sämtliche im Laufe der Saison erspielten Prämien stellt die Mannschaft in voller Höhe dem Verein zur Verfügung. Zur Erklärung: Das Team handelte vor der Saison mit den Vereinsverantwortlichen einen umfangreichen Prämienkatalog aus und hätte nach der außerordentlich erfolgreichen – nun aber abgebrochenen – Saison einen Anspruch auf Prämien in durchaus beachtlicher Höhe gehabt, beispielsweise für 15 Siege, den zweiten Tabellenplatz, die meisten Auswärtssiege, den besten Torschützen und anderes mehr. Kapitän Felix Herholc sagt dazu: „Da wäre in dieser Saison einiges zusammengekommen. Aber wir wollen als Team auf diesem Wege unseren Verein in dieser schwierigen Phase ein wenig unterstützen. Unser Verein besteht nicht nur aus der 1. Männermannschaft, sondern aus zahlreichen weiteren Teams und einer großen Jugendabteilung, die jeden Unterstützer gebrauchen können. Natürlich hoffen wir auch, so noch weitere Unterstützer für unseren Verein gewinnen zu können.“
NHV-Vizepräsident Sören Raab zeigt sich von der Geste seiner „Jungs“ tief beeindruckt: „Wir sind froh und dankbar, dass die 1. Männermannschaft als Aushängeschild unseres Vereins in dieser für uns alle nicht einfachen Situation den Verein auf diese Weise unterstützt. Das ist sicher auch ein gutes Signal an alle Sponsoren und Unterstützer des NHV Concordia Delitzsch.“
Jens Teresniak, Leipziger Volkszeitung vom 2.Mai 2020

Geistertickets sollen Verluste eindämmen

Der Auftakt war erfolgreich. 32 Tickets, 19 Würste, 29 Bier, 14 Fünfer für den Nachwuchs und 5 Limos verkaufte der NHV Concordia Delitzsch gleich in den ersten Stunden nach dem Start der Aktion Geisterspieltickets. „Auch an uns geht die Corona-Krise nicht spurlos vorüber”, sagte Vereinssprecher Jens Teresniak.
Am ärgerlichsten sei natürlich, dass die Sportler ihrem Hobby auf unbestimmte Zeit nicht mehr nachgehen könnten. „Aber auch finanziell hinterlässt das alles Spuren, da uns nun die Einnahme aus den stets gut besuchten Heimspielen fehlen.”
Tatsächlich war die letzte Partie des Handball-Oberligisten in der Mehrzweckhalle am 7. März gegen den HBV Jena. 350 Zuschauer bejubelten den 33:26-Erfolg der Nordsachsen, die punktgleich mit dem HC Burgenland auf Platz zwei der Tabelle liegen, aber den direkten Vergleich für sich entschieden haben. Das könnte bei einem Abbruch der Spielzeit die Meisterschaft bedeuten. Auch wenn noch keine offizielle Entscheidung gefallen ist, wird davon ausgegangen, dass die Saison nicht fortgesetzt wird.
Die Heimpartien gegen den HC Burgenland und den USV Halle fallen also ersatzlos aus. Zu den bisherigen elf Spielen in eigener Halle begrüßte der NHV insgesamt 3635 Zuschauer. Das entspricht einem Schnitt von 330 Gästen. Zum Vergleich: Burgenland kommt hier auf 220 Zuschauer. Mit den im Internet erhältlichen Geistertickets soll versucht werden, die weggefallenen Erlöse durch den Verkauf von virtuellen Eintrittskarten, Bratwürsten und Kaltgetränken etwas zu kompensieren. Nach Angaben Teresniaks steht der Verein finanziell vergleichsweise ordentlich da. „Wir sind nicht in Not.” Das vom Freistaat Sachsen beschlossene Förderprogramm für Klubs, die in ihrer Existenz bedroht sind, „verfehlen wir überaus deutlich”.
Ulrich Milde, Leipziger Volkszeitung vom 25.April 2020