Im Stile eines Spitzenteams
Wer sich auf die Spitze eines Eisberges begibt, muss bekanntlich mit eisigen Winden rechnen. Doch trotz des benachbarten Eisdomes war davon für den NHV Concordia Delitzsch am Sonntag in der Universitätssporthalle der Saalestadt Halle nichts zu spüren. Der gastgebende USV brachte allerhöchstens ein laues Lüftchen zustande. So gewannen die Nordsachsen die Partie in der mitteldeutschen Handball-Oberliga klar und deutlich mit 35:25 (17:9) und behaupteten sich an der vor einer Woche errungenen Tabellenspitze.
Die Begegnung werde im Kopf entschieden, hatte Steve Baumgärtel vorher gemutmaßt. Es würde sich also zeigen, ob das mit vielen jungen Spielern durchsetzte Team mit dem ersten Platz klarkommen oder verkrampfen würde. "Die Kopfsache ist uns klar gelungen", freute sich der Delitzscher Routinier. "Man hat der Mannschaft angemerkt, dass sie viel Selbstvertrauen hat", sagte ein sichtlich zufriedener Trainer Jan Jungandreas. USV-Torhüter Franz Flemming, der einst das Concorden-Trikot trug, räumte ein, dass der NHV "in allen Mannschaftsteilen überlegen war und überragend gespielt" habe. "Für uns war das heute nichts", räumte der enttäuschte Keeper ein, um fair "Glückwünsche nach Delitzsch" nachzuschieben.
Dabei begann die Auseinandersetzung für den NHV alles andere als optimal. Baumgärtel erhielt schon in der dritten Minute von den das gesamte Spiel konsequent durchgreifenden Schiedsrichterinnen Diana Böhler und Claudie Felgentreu eine Zwei-Minuten-Strafe, wenig später kassierte Frank Grohmann die rote Karte. So kam er nur auf einen Treffer. Gleichwohl führt der 29-Jährige die Torschützenliste der Oberliga mit nun 89 Treffern immer noch an, gefolgt von Martin Danowski (86) vom HC Einheit Plauen und Torsten Schneider (84) vom nächsten NHV-Gegner SG Pirna/Heidenau.
All diese widrigen Umstände prallten an den Gästen ab. "Das hat uns nicht aus der Fassung gebracht", kommentierte Jungandreas. Der sah ein im Stile einer Spitzenmannschaft auftretendes Concordia-Team, das mit 6:0 in Führung ging. Dem USV gelang erst in der elften Minute der erste Treffer. Das lag vor allem daran, dass Halle gegen die starke Delitzscher Deckung auf Granit biss und sich den Schneid abkaufen ließ. Und wenn doch mal ein Wurf durchkam, dann stand mit Marian Voigt ein Teufelskerl zwischen den Pfosten, der nicht zu überwinden war. "Er war in der Anfangsphase ein großer Faktor", lobte der Coach.
Sein Team lieferte auch danach eine Gala-Vorstellung ab und baute den Vorsprung bis zum Seitenwechsel auf 17:9 aus. Das setzte sich nach dem Seitenwechsel fort, der Vorsprung wurde ausgebaut und war in keiner Sekunde auch nur annähernd in Gefahr. Jungandreas und sein Co-Trainer Maik Kroke konnten es sich leisten, vermehrt die jungen Spieler einzusetzen. Auch sie ließen sich von den Hallensern nicht irritieren. Herausragend war dabei Maximilian Amtsberg, vor Saisonbeginn aus der Thüringenliga dazugestoßen. Der 20-Jährige war nie zu stoppen und erzielte elf Tore. Auch der frühe Grohmann-Ausfall wurde locker weggesteckt. Da machte sich der im Gegensatz zur vergangenen Spielzeit deutlich breitere Kader bemerkbar. Benedikt Schmidt kam so frühzeitig auf seiner Rechtsaußen-Position zum Zuge. "Er hat heute ein klasse Spiel gemacht", urteilte Jungandreas. Der 29-Jährige war nie zu stoppen, bei Schnellangriffen stets vorn und warf zehn Tore. "Das hat heute Spaß gemacht", sagte er nach dem Abpfiff und sprach von einer speziell in der ersten Halbzeit "tollen Leistung" und "überzeugenden Deckung".
Den Gipfel zu erklimmen und oben zu bleiben, sind eben Prüfsteine des Könnens und des Kopfes.
Ulrich Milde, Leipziger Volkszeitung vom 3.Dezember 2019
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