Samstag, 22. Februar 2020

NHV - EHV Aue II 23:31 (10:17)

Fanclub Loberhaie geht auf Concordia-Spieler los
 
Jahrelang trug Uli Streitenberger das Delitzscher Handballtrikot. Er machte 2005 den Aufstieg in und den Abstieg aus der ersten Liga ein Jahr später mit, war wegen seines unbändigen Kampfeswillen Publikumsliebling. Der 35-Jährige, heute im Management des Bundesligisten DHfK Leipzig tätig, schwärmt rückblickend vom „großen Rückhalt der Fans“.
Doch jetzt ist die Oberliga-Mannschaft dabei, den Rückhalt der Anhänger, die stets daheim wie auswärts für eine tolle Stimmung sorgen, zu verlieren. „Wir haben für vieles Verständnis und nehmen auch mal schlechte Leistungen in Kauf. Für mangelnde Einstellung haben wir allerdings kein Verständnis“, zeigte sich Hartmut Sommerfeldt, Chef des Fanclubs „Loberhaie“, äußerst bissig. Vorausgegangen war am Sonnabend nicht nur eine 23:31-Pleite des NHV Concordia Delitzsch gegen die zweite Mannschaft des EHV Aue. Sondern Sommerfeldt stieß vor allem die Art und Weise dieser Blamage auf.
„Das war das vierte Spiel in Folge, in dem die Mannschaft uninspiriert und mit fehlender Einstellung auftrat“, schimpfte der oberste Fan, um zwei Fragen hinterherzuschieben: „Spielt das Team noch für seinen Verein? Sollen Zuschauer vergrault oder gewonnen werden?“. Auf Spurensuche für die, so Sommerfeldt, „desolate Leistung“ gegen einen ersatzgeschwächten Gast begab sich NHV-Trainer Jan Jungandreas. So seien die Concorden in der Hinrunde, die mit der Halbzeitmeisterschaft endete, von einer „Euphoriewelle“ getragen worden. Doch diese sei vorbei. Und wenn es dann nicht so richtig laufe, „haben wir gesehen, wie die Köpfe der Spieler runtergingen“.
Es gebe offenbar nach der „echt guten Hinrunde“ ein „bisschen zu viel Zufriedenheit bei manchen Spielern“, kritisierte der Chefcoach. Da schauten die Spieler auf die Tabelle und stellten fest, dass sie immer noch Zweiter sind. Außerdem sei die Trainingsbeteiligung nicht mehr so hoch wie in der ersten Hälfte der laufenden Saison. In den vergangenen Partien „fehlte die letzte Konsequenz“, bemängelte Jungandreas. Es werde nicht das zuvor Besprochene umgesetzt, „sondern „jeder hat eine Idee und denkt, das mache ich jetzt“. Momentan gelinge es nicht, „den Schalter umzulegen“.
Vieles sei Kopfsache. All das war in der Partie gegen das Team aus dem Erzgebirge deutlich zu sehen. Die Partei fing für die Nordsachsen ordentlich an, Daniel Sowada brachte sie mit 1:0 in Führung. Es war ein hohes Tempo im Spiel, das die ersten 20 Minuten ausgeglichen verlief. Dann kam ein Bruch, zur Halbzeit lag Aue bereits mit 17:10 fast uneinholbar vorn.
Auffällig war, dass die Abwehr mit zunehmender Dauer nicht mehr zupackend agierte, im Angriff lief wenig zusammen. Beste Torchancen wurden reihenweise vergeben. So wurde Gäste-Keeper Pascal Bochmann berühmt geworfen durch unplatzierte Abschlüsse. Zudem stellte der 17- Jährige (!) sein großes Talent unter Beweis und kaufte den NHV-Angreifern den Schneid ab. „Unsere Abwehr war besser als die der Gastgeber“, sagte er bescheiden. Bochmann soll laut Trainer Michael Hilbig in aller Ruhe an die in der zweiten Bundesliga aktive erste Mannschaft herangeführt werden. Dort kam Bochmann bereits zu drei Einsätzen. „Unser Zusammenspiel von Keeper und Defensive hat prima geklappt“, freute sich Hilbig. Nach dem Seitenwechsel flackerte kurzzeitig ein wenig Hoffnung auf, denn die Concorden, bei denen mit Abstrichen lediglich Maximilian Amtsberg („Uns fehlte heute die Entschlossenheit in Abwehr wie Angriff“) und Moritz Brodowski zu gefallen wussten, kam auf 17:20 heran.
Das Strohfeuer erlosch rasch, Aue zog wieder davon und traf letztlich auf viel zu wenig Gegenwehr, der kämpferische Einsatz ließ arg zu wünschen übrig. Auffällig war, das besonders die Routiniers wie Steve Baumgärtel und Frank Großmann diesmal keine Führungsqualitäten an den Tag legten. „Der Sieg für Aue ist verdient“, gab Jungandreas fair zu. „Wir haben eine Top- Leistung geboten“, lobte Hilbig seine Handballer. Am nächsten Wochenende tritt der NHV bei der HSG Freiberg an. Sommerfeldt formulierte die Forderungen der Fans: „Wir erwarten jetzt ein klares Zeichen der Mannschaft und eine deutliche Reaktion auf der Platte.“ Er werde, sicherte Jungandreas zu, alles tun, damit der NHV dort „voller Leidenschaft“ auftreten werde.
Ulrich Milde, Leipziger Volkszeitung vom 24.Februar 2020

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen