Um klaffende Wunden möglichst schnell stillzulegen, griff nicht nur Doktor Brinkmann gern zum Tacker. Eine wenig ansehnliche, aber effektive Methode. Die lässt sich offenbar auch ganz gut auf Handball-Spiele übertragen. Sachsenligist NHV Concordia Delitzsch schloss die vor Wochenfrist in Kamenz erlittene Scharte am Sonnabend mit einem 32:25 (14:13)-Erfolg gegen Abstiegskandidat HSV Weinböhla. Der sah zwar über weite Strecken einigermaßen gequält aus, brachte aber das erwünschte Resultat. Eine Narbe könnte angesichts zweier Verletzter trotzdem zurückbleiben. Nach derben Worten über die blutleere Vorstellung in Kamenz stülpte Trainer Michael Schneider dieses Mal verbal die seidenen Handschuhe über, streichelte die geschundenen Seelen. "Die Jungs haben alles reingehauen, was geht, mehr als das Beste draus gemacht. Niemand kann von uns momentan Zauberhandball erwarten." Und dann fielen im ersten Durchgang auch noch Daniel Hannuschke und Malte Unkell (nach fiesem Foul) mit Schulterproblemen aus. Physiotherapeutin Nicole Grundei knetete bis zum Fingerkrampf - ohne Erfolg. Die Concorden mussten für den Rest der Partie ohne das Duo auskommen. Dafür rückte Frank Bönke in den Mittelblock, gab umgehend den Wadenbeißer, kassierte in einer halben Stunde zwei Zweiminutenstrafen, die natürlich keine waren, sondern "ganz normale Abwehrarbeit". Leg' dich nicht mit dem Terrier an. Auch Weinböhla griff im Zweifelsfall beherzt zu. Besonders NHV-Rückraum-Raketenwerfer Danny Trodler wollten die Gäste mit harten Attacken die Lust nehmen. Nach einem Schlag schwoll dessen rechtes Auge an und brachte ihn zu einer schmissigen Erkenntnis. "Es gefällt keinem, wenn er ins Gesicht gefasst wird." Weitere Provokationen aller Art prallten an dem Mann aus Stahl ab. Anschließend reichte er noch eine kleine Spitze nach. "Weinböhla war auf einigen Positionen einfach überfordert. Das hat sie sauer gemacht." Nicht überfordert war allerdings Spielmacher Martin Kovar. Der einstige tschechische Nationalspieler zog die Fäden wie in einer chinesischen Kleider-Manufaktur. Erst als sich der 38-Jährige im zweiten Durchgang mehrere Pausen nahm, entwich binnen Minuten jede Spannung aus der Partie. Plötzlich lief der Ball flüssig durch die Delitzscher Reihen. Kapitän Marcus Leuendorf führte oscarverdächtig Regie, Trodler, Jan Jungandreas oder auch Enrico Henoch nagelten das Spielgerät humorlos ins Netz. Henoch ward lange nicht mehr als vierfacher Torschützen gesehen. Er selbst erinnerte sich freilich bestens an vergleichbare Großtaten. "In der Regionalliga hab' ich mal sechs in einem Spiel gemacht." Wieder was gelernt. Die Schlusspointe schmeckt sogar noch besser. Verfolger Radeburg ließ einen Punkt gegen Aufsteiger Leipzig/Zwenkau liegen. Das erleichtert das Reisegepäck der Concorden vorm Topspiel am kommenden Sonnabend beim Tabellenführer Plauen zumindest ein wenig, zumal dieser am Sonntagabend nach einer völlig unerwarteten Auswärtsniederlage in Görlitz seine ersten beiden Minuspunkte kassierte.
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 26.Januar 2015
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